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Anreise „Bahnstreik in Italien“
An Pfingsten quartieren wir traditionsgemäß ein paar Wallfahrer nach Altötting bei uns zu Hause ein. Diese sind froh eine Übernachtung zu haben, wir stimmen uns ein auf unseren Urlaub. Start der Altöttinggeher um 8:00 Uhr, unser Zug wartet um 9:00 am Bahnhof Wasserburg/Inn. Der Papa von Christa will uns fahren, wir nehmen das Angebot gerne an. Beim warten am Bahnhof noch ein kurzer Ratsch mit Bekannten (was habt ihr den vor?), dann fährt der Zug los. Zunächst nach Rosenheim, dort üblicherweise umsteigen. Im Zug nach Bologna schockt uns die Durchsage, "Streik in Italien, in Innsbruck müssen alle Fahrgäste die weiterreisen, in Busse umsteigen". Na ja, wir tun gelassen und denken, Hauptsache es fährt irgendetwas. Eine riesige Menschenmenge drängt sich am Bahnhof, um ja zeitig den richtigen Bus zu erwischen, Venedig, Verona, Bologna, ja das ist unserer. Wir zwängen unsere Rucksäcke in den Kofferraum und steigen ein, falsch wollen einsteigen, der Bus ist aber schon rammelvoll. Also auf und den nächsten suchen, die Rucksäcke wieder rauszukrallen erscheint zu schwierig und wozu auch, er fährt ja auch zum gleichen Ziel. Wir finden einen schönen Platz im Bus und warten auf die Abfahrt, dann geht´s los. Brenner, Brixen, Klausen, Bozen und so weiter. Ich gucke nach den Radwegen, die wir schon alle gefahren sind. Erst in Trento hält er an zu einer dringend notwendigen Pinkelpause. Die zwei anderen Busse? Irgendwo, nur einer scheint uns bekannt zu sein. Aber in diesem sind nicht unsere Rucksäcke. Eine Unsicherheit kommt beim weiterfahren auf, sehen wir unsere Rucksäcke jemals wieder. Und noch ein Problem tut sich auf, den Anschlusszug nach Florenz erreichen wir auch nicht mehr. Dann sind wir da, steigen aus, von den anderen Bussen weit und breit nichts zu sehen und die Rucksäcke, wo sind sie? Wir fragen die Fahrer von unserem Bus, welche sagen, die kämen erst ca. 10 – 15 Min. später. Das Warten beginnt, ich ganz und gar gelassen, Christa unruhig hin und her marschierend. 20 Min. und mehr vergehen, jetzt werde auch ich unruhig, im Rucksack ist auch die Booking Karte des gebuchten Hotels in Florenz. Also wohin wenn ...... Dann ein Jubelschrei, die Busse kommen! Ein Stein fällt uns vom Herzen, wir schwören, nie wieder lassen wir unsere Rucksäcke (oder Gepäck) in einem anderen Fahrzeug! Jetzt aber auf zum Bahnhofsschalter, die nette Dame fragen, sie macht einen Vermerk auf der Fahrkarte. Eine ½ Std. später sitzen wir im überfüllten Zug, auf der Treppe zwischen den Waggons, ist uns aber egal und erreichen bald Florenz. Aussteigen, dann die Frage wohin, keiner den wir fragen weiß Bescheid, einmal um den Block und zurück. Ein uniformierter Mann hat es sehr eilig, keine Zeit um Auskunft zu geben. Jetzt erst sehen wir, dass er an einem Geldkoffer angekettet ist, Sorry. War da nicht ein Taxistand? Das Taxi kommt wir steigen ein und es fährt und fährt, durch Gassen die immer enger werden, Ziel erreicht und einquartiert. Später erfahren wir, der richtige Bahnhof wäre ganz in der Nähe von unserem Hotel gewesen! Wir aber sind zu früh ausgestiegen.
Stadtbesichtigung „Florenz, Stadt im Tal des Arno“
Eine Stadtbesichtigung steht heute auf dem Programm. Die Kathedrale kommt als erstes dran, gigantisch wie so vieles hier in Florenz. Erst vor kurzem habe ich einen Bericht über die Medicis im Fernsehen gesehen, über Kunst, Kriege und den Kuppelbau der Kathedrale. Später überqueren wir den Arno, ich will auf einen Hügel um einen Überblick über die Stadt zu bekommen. Bei der Bastion verlangen sie Eintritt, wir gehen weiter, durch den Park? Wieder Eintritt, nein wirklich nicht. So gelangen wir auf Umwegen irgendwohin, aber sehen tu ich nichts. Leider sind die Straßen und Wege eingefasst mit hohen Mauern, oder das Gestrüpp ist Mannshoch. Ich bin sauer, für Touristen haben die hier wohl nichts übrig, abzocken ja, aber sonst! Christa weiß noch von einem Betriebsausflug vor Jahren, es gibt einen Platz über der Stadt mit der Statue von Michelangelo, aber wo und wie kommen wir dahin? Also weiter suchen. An einer Festungsmauer schließlich steigen wir wieder ab, macht sogar mir Spaß, dann wieder ein Aufstieg. Aber der lohnt sich, am Michelangeloplatz kommen wir raus und hier ist wirklich eine gute Übersicht. Mein Drang ist gestillt, schön langsam stellt sich Hunger ein, aber erst einmal setzen wir uns gemütlich auf eine Bank und schauen dem Treiben zu. Nach einer schmackhaften Pizza suchen wir einen Obststand, setzen uns in die Sonne gegenüber der Kathedrale und genießen das nichts tun. Warum quält sich der Mensch eigentlich so, denke ich bei der Beobachtung einer jungen hübschen Frau, die aufgestützt auf ihre Freundin, versucht mit ihren wohl 12 cm hohen Stöckelschuhen zu gehen. Im Busparkplatz kaufen wir Tickets für die morgige Fahrt nach San Gimignano.
San Gimignano -
Die Nacht ist zum Teil laut, wir schlafen aber insgesamt doch recht gut. Nach dem guten Frühstück geht´s zum Busparkplatz, pünktliche Abfahrt nach Poggibonsi und dort umsteigen. Der Anschlussbus hat eine Panne, so warten wir eine halbe Stunde länger. Dann endlich, geht es los, San Gimignano wir kommen. Auch diesmal sind wir begeistert von dieser alten Stadt, halten uns aber nicht mehr zu lange darinnen auf. Etwas kreuz und quer führt der Pilgerweg heraus, an das suchen der Be-
Gambassi Terme -
Wir verabschieden uns herzlich, plauschen noch kurz mit zwei deutschen Pilgern, die gerade eben zum Frühstück kommen und gehen fröhlich etwa 4 km auf Teerstraßen dahin. Zwischenzeitlich hupt und winkt uns der Wirt aus seinem Auto zu, bei dem wir gestern zum Abendessen waren. Dann zweigt der Weg von der Straße ab und entwickelt sich zu einem Traumpfad. Diesen mit Blumen und Gras überwucherten Pfad haben auch 6 Radler genossen, die uns freudig zurufen und ihre Daumen nach oben recken. Ein herrliches Gefühl hier zu laufen, wir sehen uns schier nicht satt und genießen jeden Schritt in vollen Zügen. Die roten Blüten aber – ähnlich dem Almenrausch – breiten sich über ganze Hügel aus, sie werden zur Plage. An manchen Hügeln wurden sie abgerodet. Ein ausgeschwemmter Hohlweg führt durch einen kleinen Wald, eine Lichtung lädt zur Brotzeit ein, die Pause nütze ich gerne zum umziehen. Es ist warm geworden. Drei und nochmal 5 Pilger kommen uns entgegen, Italiener, nur ein kurzes Bon Corno, das war`s dann. Der Traumpfad wird zur Schotterstraße, ein Abzweig ohne Beschilderung, links oder rechts? Wir entscheiden uns für links und merken erst spät, das war verkehrt. Nochmal Pause, ein Baum spendet Schatten, wir liegen auf unseren Isomatten und lassen alle viere gerade sein. Wie ist das Leben schön. Noch ca. 1 Std. bis San Miniato bei warmen Temperaturen noch mal einen Berg hoch, das schlaucht uns dann doch. Schließlich erreichen wir die malerische Stadt und finden bald die Information. Wir werden zum Convento San Francesco geschickt, da wollte ich eigentlich sowieso hin. Im Reiseführer steht man sollte sich vorher anmelden. Wir suchen und finden ihn schließlich, es wird geläutet, Steinstufen führen abwärts, ein Padre kommt. "Habt ihr bestellt?" fragt er, "nein wir kommen von der Information", ist unsere Antwort. Ohne Reservierung geht nichts, erfahren wir, was ich nicht so recht glauben will, die in der Info müsste das doch wissen! Hilft nichts, wieder zurück, das nächste Hotel ist voll belegt, etwa doch noch hoch zum Palace Hotel? Ja, was anderes scheint es hier nicht mehr zu geben und weiterlaufen wollen wir auch nicht mehr. Es hat sich rentiert, nicht so teuer wie befürchtet und zudem wurden wir mit einem wunderbaren Abendrot belohnt. Wir kaufen Obst, Oliven, Käse und ein Baguette, finden einen schönen Platz im Freien und genießen in vollen Zügen. Später steigen wir zur Burg hoch und suchen anschließend den Weiterweg für morgen, wir sind ja nicht auf der vorgeschriebenen Route reingekommen.
San Miniato -
Relativ spät kommen wir los, statten der mächtigen Kirche noch einen Besuch ab und merken beim rausgehen, es regnet. Zumindest können wir uns im überdachten Vorraum umziehen. Auf Teerstraßen den Berg hinab, dann führt uns eine Alternative kreuz und quer durch den Ort, erst beschaulich auf Nebenwegen, dann ist die Markierung weg. Ein Autofahrer hält, steigt aus und zeigt uns den Weg. Das nenne ich Hilfsbereitschaft. Bis Fucecchio geht es immer geradeaus. Es ist wieder warm ge-
Altopascio -
Ich bin neugierig, neugierig auf Lucca. Diese bekannte historische Stadt mit ihrem Schutzwall sollen wir heute erreichen. Draußen wettert es, Wind und Regen, na Mahlzeit denke ich mir, nicht ahnend das es bald wieder aufhören sollte. Der Regen hat Christa wieder daran erinnert, dass ihre Regenhose ein Loch hat, das nahe Sportgeschäft macht erst um 10.00 Uhr auf. Warten? Nein wollen wir nicht. Aber wo ist der Weg, dieser ist es scheinbar nicht, also wieder zurück. Jetzt scheint die Markierung zu stimmen, zwei Pilger kommen uns entgegen. Endlich ein Cafe, ob der Cappuccino hier besser ist als in der Früh? Kein Kunststück, aber wir wollen nicht jammern, immerhin bekamen wir ein Frühstück. Es beweist wieder einmal, wie verwöhnt wir doch sind. Wir gehen zur Kirche, ein Blick hinein und beim weitergehen wieder nicht aufgepasst! Wo bitte sind wir. Ein großes braunes Schild „Via Francisgena“ lässt hoffen, denkste, das steht scheinbar noch von früheren Wegführungen da. Dann also doch noch einmal zurück bis uns endlich die bekannte rot-
Lucca -
Nur Wasser, keinen Kaffee gibt es zum Frühstück, das heute nur notdürftig ist. Der Blick aus dem Fenster zeigt, es hat sich eingeregnet.. Dann verlassen wir die Altstadt über den Ausgang "Donato" und biegen in eine wunderschöne Allee ein. Zuvor noch ein Blick in die Kirche, wegen des Regens mit Käppi, ich knipse das Taufbecken, da ertönt eine Stimme hinter mir "No flash" und eine Handbewegung die auf meine Kopfbedeckung deutet. Muss der denn gerade jetzt kommen, diese zwei Minuten die ich mit Käppi in dieser Kirche bin? Erinnerungen an Santa Domingo werden wach, aber die heutige Stimme war hinweisend, nicht so herrisch wie damals in Spanien. Die Häuser und Teerstraßen hinter uns lassend, wandern wir zum Fluss Serchio. Ein Münchner Camper, dem wir Guten Morgen zurufen, reagiert nicht wie gewünscht. Er scheint vom nassen Wetter etwas genervt. Der Wind peitscht uns den Regen ins Gesicht, der Uferweg wird immer matschiger, trotzdem sind wir von der Gegend und dem eigentümlichen Licht begeistert. In Ponte S. Pietro welches wir nach 5,5 km erreichen, müssen wir über einen Kinderspielplatz lachen. Was hier alles steht, ein paar große alte Fernseher, alte Räder, Ski, Autoreifen, ausrangierte Stühle und Tische, Dreiräder und noch mehr. Nach der Kapelle St. Michele heißt es aufpassen, hier irgendwo muss ein Pfad wegführen. Wir finden in und sind über diese Abwechslung froh. Zwar nass und wieder ausgeschwemmt, aber allemal schöner als eine Teerstraße. Höher und höher führt er, Gebüsch stellt sich in den Weg, dann plötzlich bei einem Friedhof eine traumhafte Aussicht. Das Dorf Piazzano muss da vorne sein, noch eine Steigung hinauf, dann ist guter Rat teuer. Auch der Hund der uns bellend begrüßt, hilft uns nicht weiter. Geht es nach links, geradeaus, oder nach rechts. Wir probieren alle Richtungen aus, die letzte ist schließlich die richtige. Armer Hund, kaum meint er uns los zu haben, kommen wir schon wieder zurück. Verrückt diese Wanderer! Der Regen hat aufgehört, die Sicht wird besser, Gräser, Bäume, Blumen so richtig reingewaschen. Natur pur. Der Abstieg wartet, der Steig wird verfehlt, so laufen wir wieder mal auf Teer. Da drüben scheint ein Cafe zu sein, nichts wie rein mit uns. Dann gemächlich weiter bis Camaiore, ist diese Stadt aber lang. Unser Quartier liegt natürlich am anderen Ende. Ein wunderbares Bett, ein wunderbares Abendessen.
Camaiore -
Kurz nach dem Ende des Dorfes, biegt ein Pfad ab. Ein Dammweg, ein Genuss für die Füße und auch für Geist und Seele. Wir brauchen nicht großmächtig zu denken, sondern einfach nur laufen, laufen, laufen, immer dem Wasser entlang. Einige Pfützen halten uns wach, zwei bis dreimal weichen wir Radfahrern aus. Zwei entgegenkommende Pilger nützen wir für einen kurzen Ratsch. In ca. 150 Meter Luftlinie sehen wir rüber zur Straße, dort wimmelt es so von Rennradfahrern, typisch, wir sind in Italien und es ist Sonntag. Pietrasanta ist erreicht, in dem Ort wird viel Marmor verarbeitet, man sieht es an den vielen Kunstwerken die kleine Parkanlagen schmücken. Am bekanntesten in Pietrasanta ist wohl der "dicke Römer", eine nackte „starke" Figur ca. 3 Meter hoch, bekleidet nur mit Helm, Schild und Schwert. In dem im 14. Jahrhundert erbauten Duomo Dan Martino ist gerade Gottesdienst, also nichts mit Fotografieren. Der Weiterweg führt uns ins Marmorgebiet, immer wieder stehen große Fabriken am Wegesrand. Wahnsinn was hier Geld rumliegt, denken wir uns. Alle Farben, dicke und dünne, lange und kurze Platten warten auf eine Bearbeitung oder einen Verkauf. Weiter vorne sind Berge zu sehen und dazwischen, weit oben leuchtet weißer Marmor herüber. Dort wird er also abgebaut. Siedlungsgebiet, endlose kleine Straßen, aber immer wieder die rot-
Massa -
Marina de Massa, dort hätten wir gestern hinmüssen, dort gibt es auch einige Ostellos mit über 100 Pilgerbetten. Dem Meer wären wir sehr nahe gewesen, Schade zwar, aber so ist es halt. Heute noch runtergehen, wäre ein zu großer Umweg für unser Ziel Sarzana. War es gestern noch sehr heiß, ziehen heute dunkle Wolken über den Himmel, es sollte aber trocken bleiben. Links von uns Sonne und Meer, rechts von uns dunkle Wolken und Berge. 6 Kilometer laufen wir auf der Hauptstraße, bis uns endlich eine Variante nach links lenkt. Siedlungsgebiet, links, rechts, links, rechts, so geht es voran. Ein ersehntes Cafe mit der Möglichkeit auf die Toilette zu gehen, gibt es erst in Avenza. Die Strecke wird nicht anders als bisher, die Variante nach Luni ist wegen Unwetterschäden versperrt, also Umweg. Dann endlich wird der Weg gerader, führt aus dem Siedlungsgebiet heraus und alles wird entspannter. Noch mal eine Variante, 6 Kilometer länger, aber dafür auch bedeutend schöner und ohne Autolärm. Bei diesem "Umweg" kommen wir an der Burg Castracani vorbei, die hoch auf einem Hügel stehend, schon von weiten sichtbar ist. Sehr gut erhalten, eine Führung machen wir nicht, laufen aber einmal auf der Wehrmauer um sie herum. Sarzana liegt unter uns, hier kann man die Stadt gut überschauen. Den Abstieg schaffen wir in 30 Minuten, ein Albergo ist bald gefunden. Haben uns heute einige Wege genervt, kam die Entschädigung dafür durch viele nette kleine Kontakte. Leute die winken, uns ansprechen, sich mit uns ablichten lassen und einfach gut drauf sind.
Sarzana -
Ein Frühstück wird hier nicht geboten, nur ein Kaffeeautomat auf dem Gang steht zur Verfügung. Folglich haben wir uns gestern schon etwas mit Baguette und Käse eingedeckt. Mein Rucksack kommt mir zu schwer vor, wir gehen zur Post und schicken einige Dinge nach Hause. Wann werde ich lernen nicht zuviel mitzunehmen.... Bei grauem Wetter und Nieselregen verlassen wir auf Asphaltstraßen die Stadt. Irgendwann zweigt ein Pfad ab mit eindeutiger Beschilderung – Via Francigena, Sarzana-
Aula -
Wind, Regen und schwarze Wolken zeigen sich beim Blick aus dem Fenster. Nach dem Frühstück allerdings, packen wir die Regenhose doch wieder ein, zumindest hier wo wir laufen, regnet es nicht, ab und zu kitzeln uns sogar ein paar Sonnen strahlen. Terrarossa kennen wir schon von gestern, nicht übel die Altstadt, begeistern kann sie mich aber nicht, im Gegenteil. Die Beschilderung für die Straße, die wir gehen wollen finde ich nicht, die Variante wollen wir nach den Berichten der beiden Österreicher nicht laufen. Endlich raus aus der Stadt, auf beschaulichen Wegen durch die Gegend. Immer wieder schaue ich in meine Karte und merke, es stimmt was nicht. Aber was? Dann endlich erkenne ich wo wir tatsächlich sind, aber es gibt die Möglichkeit dies zu korrigieren ohne umkehren zu müssen. Christa sage ich erst mal nichts von unserem Irrweg. Erst später beichte ich von den zusätzlichen wohl 45 Minuten. "Hauptsache, jetzt stimmt es wieder" beruhigt sie mich ganz cool. Virgoletta, ein kleiner Ort / Burg, rundherum hohe Mauern, sehr sauber und sehr ruhig, klar dass wir da durchgehen und die Zubringerstraße verlassen. Bald darauf ist Villafranca in Lunigiana erreicht. Am Ortsanfang plaudern wir mit einem entgegen-
Villafranca -
Gestern sind wir trocken durchgekommen, das ist heute nicht der Fall. Obwohl es bald aufhört, lassen wir unsere Regenklamotten an. Bäume, Sträucher und das Gras sind nass. Heute laufen wir die angegebenen Varianten, egal wie die Wege sind, haben wir beschlossen. In der Natur ist es einfach schöner und angenehmer, als auf den für Autos gemachten Straßen. Unglaublich, in welche Wildnis die Pfade führen, stellen wir später fest, bereuen aber mit keinem Schritt unsere Entscheidung. Dornenranken greifen nach unserer Kopfbedeckung, der Isomatte die im Rucksack steckt, riesige Pfützen geben Rätsel auf wie sie zu umgehen sind, unsere Hände müssen helfend eingreifen um durch das Dickicht zu kommen. Den ersten Bach, durch die Regenfälle führen alle mehr Wasser als sonst, können wir etwas weitläufig auf Steinen überqueren, beim zweiten ziehen wir Schuhe und Socken aus. Der muss durchwatet werden. Puh, kalt, aber es geht ganz gut, drüben angekommen laufen wir Barfuß weiter, zu viel Wasser kommt uns auf dem Weg entgegen. Ca. 15 Minuten laufen wir so dahin, es gefällt uns. Das Sträßchen wird wieder trockener, Füße sauber machen, Socken und Schuhe wieder anziehen. Wir sind überrascht, wie ange-
Pontremoli -
Gemütlich ist was anderes, obwohl die Sonne scheint, ist es klamm und kalt im Zimmer. Das gestern noch eingekaufte wird zum Frühstück verzehrt und Wasser dazu getrunken. Hier im Konvent gibt es kein Frühstück. Bald sind wir auf der Straße und sind gespannt auf den heutigen Tag. Der Cisa Pass wartet, aber leider nicht auf der Originalroute der Via Francisgena, diese ist gesperrt. Der Regen hat einige Wege unpassierbar gemacht. In trotzdem zu gehen wäre frevelhaft. So müssen wir wohl oder übel die Fahrstraße benützen, der wir dann auch folgen. Am Ende der Stadt noch ein Cappuccino, wenigstens ein bisschen Kaffeegeschmack (war sehr dünn). Die erste Abzweigung gehen wir links, es folgt Serpentine auf Serpentine. Wieder einmal gehen wir und gehen ohne groß zu denken, oder groß zu erzählen. Es kommt schon vor, das wir Stundenlang nichts sagen und dann plötzlich beginnen wir beide das gleiche zu erzählen. Die Straße hat uns schon weit nach oben gebracht, wir blicken auf die immer bergiger werdende Landschaft. Pause dürften wir mal machen, denken wir beide und prompt kommt ein schönes Plätzchen. Ich studiere die Karte, wo wir wohl schon sind und plötzlich wird mir siedend heiß! Oh nein, wir sind ja ganz wo anders als vermutet. Wir gehen auf der SS 62. Unten bei der Abzweigung wäre es nach rechts gegangen. Ich schaue wo die beiden Straßen hinführen und tatsächlich, das Ziel ist das gleiche, welch ein Glück. Vielleicht 2 km weiter, was macht das schon und, fast kein Verkehr bisher. Landschaftlich sicher auch kein großer Unterschied. Im Dorf Montelungo laden Bänke zu einer zweiten Rast ein, hier kläre ich Christa über unseren begangenen Weg auf. Etwas weiter tauchen plötzlich die Markierungen wieder auf, hier kommt also der Originalweg hoch, wenig später stehen wir auf einer Anhöhe und bewundern die Landschaft des Appenin, ein 1.500 km langer Gebirgszug und die Hauptwasserscheide Italiens. Stirnband, Handschuhe und warme Jacken haben wir übergezogen, es pfeift ein frischer Wind hier oben, noch ein paar Kilometer weiter und der Pass ist erreicht. Rauf auf die Anhöhe zur Kapelle "Nostra Signora della Guardia", deren Muttergottes seit jeher über die Reisenden wacht und eigentümlich gebaut ist. In der Mitte ein Altar mit schwarzer Madonna, rund um den Altar kann man gehen und knien oder sitzen, Blicke zur Mitte sind immer freigegeben. Wieder raus, brrr....saukalt, wir geben Gas um warm zu werden. Weiter unten ist der Wind nicht mehr so stark zu spüren. 2 Radler kommen den Berg hoch und halten. Auch selten, vielleicht tut ihnen eine Pause gut. Es sind Trentiner, die von Parma nach Rom fahren. Auf meine Frage nach den Kilometern bis nach Parma, deutet er auf seinen Tachometer. 64 steht dort, das könnten wir in 2 Tagen schaffen, vorausgesetzt wir kommen weiterhin so gut voran. Endlich wieder ein Pfad, tut das gut. Füße und Seele freuen sich und lassen uns wieder Frohgemut marschieren. Tim kommt mir entgegen, ein etwa 24 jähriger kerniger Belgier, mit dunklem Rauschebart, gelocktem Haar und einem Strahlen im Gesicht. Schwerbeladen, er hat Zelt und alles was dazugehört dabei, sogar ein Holzscheit trägt er mit. Ein herzlicher Mensch, seine zwei Freunde sollten bald folgen, denen ist die Freude am Wandern genauso ins Gesicht geschrieben. Berceto ist erreicht, in einem Laden fragen wir nach einem Albergo. "Entweder hier links weitergehen und den Berg hoch, oder dort drüben weitergehen, in der Nähe der Carabinieri steht eine Trattoria", klärt sie uns auf. Wir gehen den Berg hoch und hoch, vergleichen die Hausnummern, die wie so oft total durcheinander angeordnet sind. Ende der Fahnenstange, der Ort ist aus. Umkehren und genauer schauen, erfolglos. Das Trattoria dagegen finden wir schnell. Herzlicher Empfang, sehr gute Küche.
Berceto -
Dieses Stück sind wir gestern bei der Quartiersuche schon gelaufen. Beim Laden vorbei – aber nicht ohne noch vorher einzukaufen – die schöne alte Gasse hoch, die dann ein Fußweg wird. Noch zum Dom in schmucker Anlage, die auch Pilger aus England bewundern. Sie machen den Weg von Canterbury aus in Etappen, heute ist ihr zweiter Tag dieser Etappe. Dann geht´s zu Burgruinen, um später im Wald zu verschwinden. Rauf und runter, wobei das erste überwiegt. Immer wieder über-
Fornovo di Tare -
Spannung kommt auf, wie wird es werden, unser erster Tag ohne Pilgerwegführung, einfach immer nur nach Karte. Wir verabschieden uns von der Via Francisgena, die nach Lausanne weiterführt, irgendwann, später einmal werden wir dorthin weiterlaufen. Sehr ernst und streng bediente der Wirt, etwa 45 Jahre alt, gestern seine Gäste, kein lachen kam über seine Lippen, schade. Heute beim Abschied sehen wir, wie gut im Lachen steht, viel entspannter sein Gesichtsausdruck, viel sym-
Parma -
Cappuccino im Plastikbecher, Zwieback und ein Croissant, nicht gerade üppig aber es reicht. Draußen regnet es, das hätten wir nicht erwartet. Gestern habe ich mir noch eine regionale Karte gekauft, sie macht sich bezahlt. Auf "Schleichwegen" verlassen wir die Stadt, am unschönen Industriegebiet vorbei und doch, Christa sagt „schau mal, hier werden diese Nudeln hergestellt", als wir bei der Fabrik Barilla vorbeigehen. Sackgasse steht auf dem Schild, ob wir zu Fuß durchkommen? Nichts wird riskiert, wir biegen rechts ab. Unsicherheit macht sich breit, wo sind wir jetzt, wo müssen wir hin. Ein Mann beim Autowaschen, durch den Hund der bei meinem Näher kommen anschlägt, wird er auf mich aufmerksam. "Doch, doch meint er, wenn ihr nach Brescello wollt, müsst ihr durch die Unterführung". Gefällt uns zwar nicht recht, aber was hilft`s. Sogar ein Standstreifen ist vorhanden, also wirklich kein Problem. Kreuz und quer finden wir durch die Gegend, die brettleben ist, Leute schauen uns an wie Außerirdische, mit Rucksack laufen hier wohl nicht viele herum. Keine Bank weit und breit zu sehen, so machen wir es uns auf einer kleinen Mauer "bequem", welche bei einer Hofeinfahrt auf uns wartet. Ab und zu kommt ein unangenehmer "Duft" vorbei, scheinbar ein Mastbetrieb. Zulange wollen wir sowieso nicht bleiben, in der Ferne sind schwarze Wolken zu sehen. Doenza ist erreicht, noch 5 km bis nach Brescello, Don Camillos und Beppones Stadt. Das Schwarze verdichtet sich und scheint direkt auf uns zuzukommen, wir werden immer schneller und schneller, trotz der Blase am Fuß, die Christa sehr schmerzt. Schon lange interessiert uns die Gegend nicht mehr. Die gemähten Wiesen und Felder, die Pflanzen welche unter Folien heranwachsen. Interessanter ist das Spiel der Farben am Himmel, aschfahl, rot getränkt und dunkelblau, dazu wird der Wind immer stärker. Noch regnet es nicht, mein Gebet scheint eine Lücke aufzutun, durch die wir wandeln können. Tatsächlich erreichen wir Brescello unbeschadet, es scheint sich alles zu verziehen. Am Ortseingang steht das Hotel, Christa will schon drauflos stürmen, da bremse ich sie aus. Insgeheim will ich weitergehen, mir ist es noch zu früh um zu bleiben. Zudem bräuchten wir die 5 Kilometer dann morgen nicht zu laufen, ich habe da so eine Idee. Christa ist geschockt, sie hatte sich felsenfest darauf eingestellt, hier zu bleiben. Es knistert zwischen uns, das Gewitter hat sich doch nicht ganz verzogen. Ein Kompromiss; wir gehen durch die kleine Stadt – mit Rucksack, suchen ein Cafe, schauen was das Wetter macht. Nachher entscheiden wir. Sehr, sehr angespannt machen wir uns auf den Weg, der Stadtplatz ist bald erreicht, die bronzenen Don Camillo und Peppone grüßen uns, wir schauen in die Kirche, in der er gewirkt hat. Aber von einem entspanntes schauen oder genießen sind wir weit entfernt. Kein ansprechendes Cafe in der Nähe, ich lasse mich überzeugen, doch hier zubleiben. Frisches Obst ist heute unser Abendessen, den Platz, das Städtchen haben wir später nochmal in aller Ruhe und wesentlich entspannter besichtigt. Geregnet hat es nicht mehr.
Briscello -
Wo ist nun besser zu laufen, auf dem Damm in der Wiese, oder daneben auf der Teerstraße. Die Wiese war zwar schöner und weicher, aber das Gras so stoppelig und etwas zu lang, es strengte mehr an. Bald ist sowieso die Brücke über den Po erreicht. Meterhohes Überschwemmungsgebiet konnten wir gestern schon immer wieder sehen, der Wasserspiegel ist zwar zurückgegangen, aber ein hoher gelbbrauner Streifen an Bäumen und Büschen erinnert deutlich an die Wassermassen die noch vor knapp drei Wochen für große Unruhe und auch Verwüstung sorgten. Sehr deutlich ist das hier von der Pobrücke aus zu sehen. Ein bestimmter Geruch verstärkt den optischen Eindruck. Am Ufer, direkt unter mir sehe ich eine Kletteranlage mit Seilbrücken und allem was einen Abenteuerplatz ausmacht. Bis obenhin klebt Schlamm und angeschwemmtes Zeugs an den Stämmen und Pfählen. Auch wenn Dämme gebaut werden, gegen solche Naturgewalten wirkt der Mensch klein und hilflos. Viadana begehen wir durch die eine "Seitentür", wir müssen ja nicht durch die ganze Stadt marschieren. Ein Laden mit allem möglichen, ich frage ob sie auch eine Karte von der hiesigen Gegend haben. "Nein, Karten verkaufen wir nicht", sagt der bärtige junge Mann, "wo wollt ihr denn hin", fragt er darauf. Wir berichten von unserer Reise und unserem Ziel. Da kramt er am Ladentische herum und überreicht uns die gewünschte Karte, er schenkt sie uns. Danke schön. Ein Cappuccino bevor wir weitergehen? Ja, beschließen wir, ein Cafe ist in der Nähe. Kaum sitzen wir, weht ein unangenehmer Duft um unsere Nasen. Es wird gerade die Kläranlage geräumt. Der Kaffee ist schnell getrunken! Auf kleinen kaum befahrenen Teerstraßen bewegen wir uns vorwärts, Salina, Bugno, Alberone, S. Matteo delle Ciaviche, liegen am Weg. Bei letzterem wäre auch eine Übernachtungsmöglichkeit, die uns aber viel zu früh kommt. So gehen wir bei 36 ° weiter nach Cesole, wo wir uns auf eine Cola freuen. Das belebt und gibt uns wieder neuen Schwung. Wir ahnen schon, das es erst in Montova eine Übernachtung geben wird. Ziemlich gerade die Straßen, ohne Steigungen, man kommt gut vorwärts, aber die einseitige Belastung schmerzt mehr, als ein auf und nieder. Da hat der Körper immer wieder mal Abwechslung. Trotzdem habe ich mir das Stück in der Poebene noch schlimmer, noch eintöniger vorgestellt. Der Jahreszeit entsprechende Gewächse stehen am Wegesrand, einige der riesigen Höfe verfallen, andere sind noch in Betrieb und werden vergrößert. Reiher sitzen an Bachufern, Rinder sieht man selten. S. Sylvestre ist erreicht, die Hoffnung auf ein Quartier erfüllt sich nicht. Noch vier Kilometer bis Mantovo, wir sind schlapp, kaputt, schleppen uns nur noch vorwärts. Wo geht´s rein in die Stadt, da vorne links? Wir gehen und gehen, ich habe das Gefühl wir umkreisen die Stadt. Im Designerladen nach Hotels gefragt, die Richtung stimmt. Bald darauf ein Schild mit Hotels, das uns Hoffnung macht. Noch weiter und weiter. Ein Park, Christa muss sich setzen, braucht etwas Pause. Ich bin in Sorge, mache mich allein auf die Suche. Bald stehe ich vor einem Hotel, läute, eine Stimme ertönt, italienisch, kein deutsch aber englisch, ja es ist was frei. Was dann gesagt wird verstehen ich nicht. Ich warte, niemand kommt. Ich schaue links, rechts, nichts bewegt sich. Noch mal schellen? Nein, mache ich nicht. Bei der Weitersuche renne ich quer durch die Stadt und finde, nichts, nur Schilder die in alle Richtungen weisen. Zurück zu Christa, hoffentlich habe ich mich nicht verlaufen. Nein, dahinten ist der Park. Ich erzähle meine Erlebnisse, wir gehen wieder zu dem Hotel, wieder läuten, gleiche Stimme, noch was frei. Der entschei-
Mantova -
9:30 ist es schon, bis wir los kommen. Aber eigentlich normal nach dem gestrigen Tag und dem besten Frühstück auf dem bisherigen Weg. Wer da nicht zugreift ist selber Schuld. Wir verlassen die Stadt über ein riesiges Wehr, sehen einer Enten-
Villa Franca -
Wieder ein warmer Tag, mit einer schon bekannten Geschichte. Wir gehen durchwegs auf Teerstraßen Richtung Verona. Um die SS 62 zu vermeiden, habe ich kleine Sträßchen zum Ort Povegliano und weiter nach Alpe ausgesucht, welche wir auch bis auf einen glitzekleinen Umweg ganz gut finden. Die Hügel im Norden werden immer deutlicher, eine Vorfreude ist zu spüren, die flache Gegend liegt endgültig hinter uns. Industriegebiet, queren von Riesenstraßen, Geleisen und Autobahnen, zeigen an dass Verona immer näher kommt. Das Gebrumme, das Gewusle, die Hektik, die laute Welt rückt näher und näher. Verona, dort auf dem Schild steht es, unscheinbar, auf dieser eher hässlichen Seite mit Industrieabfall und Lärm. Die Anonymität nimmt zu, viele Menschen, wenig Ansprache. Trotzdem freuen wir uns, es geschafft zu haben. Ursprüngliche Zweifel daran von meiner Seite sind vergessen. Nicht das "nicht schaffen" sondern wann, hatten mich beschäftigt und sind letztendlich unwichtig. Noch einige Kilometer werden wir durch die Stadt laufen, erst noch kleinere Häuser mit etwas grün rund herum, später immer höhere Häuser und nur noch Straßen. Einmal noch Pause bei einem kleinen Spielplatz mit hohen Bäumen. Wir sind gut drauf und spielen mit unseren Fotoapparaten. Als ich so die Bilder dann ansehe sage ich, "ich glaube es ist gut, jetzt angekommen zu sein. Wenn ich uns so ansehe, schauen wir ganz schön ausgemergelt aus". Ohne uns groß orientieren zu müssen, finden wir den Bahnhof. Um 17:00 Uhr sitzen wir im Zug und sind gegen Mitternacht zu Hause.
436 Kilometer an 17 Wandertagen