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Abflug um 11:10 in München
Mit 10 Minuten Verspätung starten wir am Münchener Flughafen. Schwarze Wolken rundherum erwarten uns am Genfer Flughafen, aber es regnet nicht. Wohin mit uns, mit dem Zug in die Stadt oder mit dem Bus. Fast vergessen haben wir, dass hier französisch gesprochen wird. Nach einem Fehlversuch, erwischen wir den richtigen Bus, die Karte wird uns am Automaten von der netten Busfahrerin „gekauft“. In der Stadt angekommen, besichtigen wir noch mal die Kathedrale, holen den ersten Stempel und kaufen am Bahnhof Getränke.
11.05.2008 Sonntag
12 km / 271 hm /14:00 – 17:45 Genf bis Neydens
Gegen 14:00 Uhr beginnt unser französischer Jakobsweg, er schlängelt sich durch malerische Gassen der Stadt und steigt stetig an. Die Beschilderung ist etwas spärlich, dank des Führers finden wir aber gut durch die Stadt. Eine Staatsgrenze ist auf dem Pilgerweg für uns nicht zu bemerken. Wettermäßig hatten wir bisher Glück, rundherum schwarz, aber jetzt hier beim Dorf Lathoy beginnt es zu regnen, auch blitzt und donnert es. Am nahen Festplatz stehen große leere Gewächshäuser, ein idealer Unterstellplatz, den bald auch andere Personen nutzen. Mit Regenbekleidung gehen wir dann weiter. Wir erreichen Neydens und dort den gesuchten Campingplatz. Jetzt wird es spannend, kein deutsch, wenig englisch der Besitzer, wir so gut wie kein französisch. Aber, er ruft einfach seine Schwester an, die dann am Telefon die Dolmetschertätigkeit übernimmt. Der Laden hat zu, zum Abendessen klatscht er jedem von uns einen runden Käse auf den Tisch und meint ein Baguette bringe er später vorbei, dürftig, meine ich, der ein „großer Käsefreund“ bin, aber besser als gar nichts. Mit einem Jeepähnlichem Fahrzeug bringt er uns zum Quartier, ein Lager mit 8 Betten, wo wir heute alleine sind.
12.05.2008 Montag
28 km / 890 hm / 08:45 – 18:45 Neydens bis Chaumont
Zum Frühstück heute gibt es Käse, was denn sonst. Recht frisch ist es noch beim weggehen; erst ab 13:00 Uhr soll es dann heiß werden, ein kurzer Regenschauer überrascht uns, ich frage mich wie es aus einer kaum sichtbaren Wolke so viel regnen kann. Die Gegend heute ist sehr abwechslungsreich, es geht auf und ab durch wunderschöne Landschaft, unsere Kondition wird ganz schön gefordert. Erst gegen 18:45 Uhr erreichen wir die „hoffentlich noch freie“ Gite, auf dem höchsten Punkt des Tages. Es sind schon Pilger da, Plätze für uns noch vorhanden und meine Frau ist glücklich. Obwohl kaputt vom heutigen Marsch, schafft sie es, 10 Minuten zu reden und reden, ohne an den schweren Rucksack auf Ihrem Rücken zu denken. 3 andere Fußpilgerinnen und 1 Pärchen Radlpilger, sind bereits hier, später soll noch 1 Franzose dazu kommen. Zum Abendessen gibt es Butterbrothäppchen, gleich 500 g Nudeln mit Tomatensoße und als Nachspeise zwei aufgeschnittene Müsliriegel. Trotzdem werden alle satt und es bleiben sogar noch sechs Nudeln übrig. Die Stimmung, die Aussicht, alles ist bestens, so kann`s weitergehen.
13.05.2008 Dienstag
28 km / 542 hm / 09:00 – 19:00 Chaumont bis La Chatraz
Ein sonniger Morgen erwartet uns beim Aufstehen. Frühstück, packen, bon courage wünschen, alle sind gut drauf, auch die Frau mit vielen, vielen Wasserblasen an den Füßen. In ca. einer Stunde erreichen wir die Stadt Frangy, wir decken uns ein mit Getränken und Brotzeit, für mich aber bitte keinen Käse. Meine Uhr mit Höhenmesser gibt kein Lebenszeichen mehr von sich, eine neue Batterie? Tja, auch dass nützt nichts, kaputt! Erstaunlicherweise kann ich damit besser Leben als gedacht, sicher ist es interessant zu wissen was man geleistet hat, aber halt auch nicht soo wichtig. Wir treffen zwei dünne Zeltpilgerinnen, mit jeweils 12 Kilo auf dem Rücken. Die Träger der Rucksäcke drücken gemein auf die zarten Schultern der mit Trägershirt`s bekleideten jungen Frauen. Sie glauben beide nicht so ganz unseren Ausführungen, an die Belastung und die Schmerzen würde man sich nach ein paar Tagen gewöhnen. Mittag liegen wir im Gras, haben kurze Hosen an, plaudern mit der „Blasenpilgerin“ und lassen es uns gut gehen. Danach wird wieder mal erst ein Dorf umzingelt, bevor der Weg hindurchführt, viele Eidechsen sonnen sich am Weg und schwupp, weg sind sie, wenn wir kommen. Einmal erschrecken wir, eine Schlange fühlt sich gestört und zischt uns an. Die Gite in Vens, unser Favorit für heute, gibt es nicht mehr, klärt uns eine nette Frau auf und bietet uns ein kühles Wasser an. Also weitergehen, erst auf einer langweiligen Teerstraße die nicht enden will. Dann geht`s in den Wald und wunderschön an der Rhone entlang. Endlich kommt La Chatraz, wir sind ganz schön fertig. Wie schon beim 1. Teil unseres Weges in Bayern, träumte ich heute laut von einem Italiener und wir beide lachen über diese absurde Idee, wir sind doch in Frankreich. Aber, das erste Hotel das im Ort kam, war mit Pizzeria. Christa sagt zur Wirtin einen für mich unverständlichen Satz in französisch und ein Doppelzimmer war gebucht. Wunder, über Wunder, ich konnt`s nicht glauben.
14.05.2008 Mittwoch
20 km / 219 hm / 09:00 – 15:30 La Chatraz bis Montagnin
Der warme Tag erlaubt es uns, schon mit kurzen Hosen loszumarschieren. Erst geht`s durch Wald und über Wiesen schön beschaulich dahin, später wird aus dem Weg eine Schotterstraße die durch ein riesiges Biotop führt. Frösche quacken unaufhörlich, Libellen und anderes Getier schwirrt durch die Luft. Ein Schwarm kleiner lästiger Fliegen, begleitet mich eine Ewigkeit auf dem späteren Dammweg. Schwäne stecken ihre Hälse ins Wasser um Fische zu fangen. Einfach schön, In Chanaz, wo wir uns zum Mittagessen einen Salat leisten, fahren viele Ausflugsboote, was die vielen Touristen hier erklärt, die mit Reisebussen hergekarrt werden. Wir Pilger werden neugierig beäugt und auch angesprochen. „Ich bin damals auch schon mal ein Stück gegangen“ glauben wir zu verstehen. An einer alten Ölmühle vorbei schlängelt sich ein steiler Pfad einen Berg hoch und führt dann weiter nach Le Poisat. In den Weinbergen arbeiten Leute, am Straßenrand steht deren Auto von drei Hunden bewacht, zwei davon folgen den Rufen der Herrchen, am dritten gehen wir äußerst vorsichtig und bedacht vorbei. Hier geben unsere Wanderstöcke schon ein bischen Sicherheit. Nach einem weiteren Weg durch tolle Landschaft erfragen wir im Weiler Montagnin unser heutiges Quartier. Diesmal eine private Unterkunft, ein sehr altes interessantes Haus das gerade so nach und nach renoviert wird. Eine Unterhaltung mit der Besitzerin ist leider nur begrenzt möglich. Das erste mal genießen wir auf diesem Weg eine typische französische Küche mit fünf Gängen vom feinsten. Wir müssen unbedingt lernen unseren Hunger einzuteilen, schon nach der Hauptspeise waren wir satt, mussten aber Weiteressen.
15.05.2008 Donnerstag
26 km / 1050 hm / 08:45 – 19:15 Montagnin bis Saint Maurice
Nach ausgiebigem Frühstück brechen wir auf, die Besitzerin muss zur Arbeit. Heute ist es etwas bewölkt, später regnet es. Der Weg zieht sich immer wieder hoch durch wechselnde Landschaften. Wir schauen in die Kirchen der Dörfer und in die Bergkapelle Saint Romain, mit guter Sicht auf das Tal der Rhóne. Der Pfad hinab führt durch Buxwald, so was haben wir auch noch nicht gesehen. Es ist dunkel und schimmert grünblau. Noch etwas entdecken wir, grauschwarze Nacktschnecken, ich nenne sie „Modelschnecken“ aufgrund ihres auffallenden schönen Musters. Den nächsten Ort „Yenne“ wollen wir noch vor Mittag erreichen, wir konnten noch nicht einkaufen, also geben wir Gas. Der Regen macht uns im Wald nichts aus, der Duft von Bärlauch ist überwältigend, auch die Tage vorher waren immer wieder „Bärlauchfelder“ neben dem Weg. Schlag zwölf erreichen wir die Stadt, Metzgereien gibt es zuhauf, aber wo ist eine Bäckerei? Schließlich haben wir alles nötige und suchen uns einen überdachten Platz zum Mittagessen. Um 14:00 Uhr wandern wir weiter, wir wissen dass der Weg zum heutigen Ziel noch 5 Stunden dauert und ca. 700 Höhenmeter vor uns liegen. Der Weg steigt an, wir freuen uns auf die Aussicht, der Regen hört auf, die Sonne kommt, bald haben wir die Kapelle erreicht, von der eine riesige Marienstatue beschützend zu uns herabblickt. Immer wieder haben wir Sicht auf die ein paar hundert Meter tiefer liegende Rhóne, die Landschaft ist urwüchsig. Der Höhenweg zieht sich kilometerlang dahin. Wir sind gut in der Zeit als uns beim nächsten größeren Anstieg ein Gewitter überrascht, damit haben wir nicht gerechnet und es steigt ein Gefühl des Unbehagens auf. Christa meckert angesichts der körperlichen und jetzt auch psychischen Belastung schon über die Tatsache, heute gleich zwei Streckenabschnitte bewältigen zu müssen. „Das ist doch nicht umsonst so aufgeteilt im Buch..“! Nun, das Gewitter vergeht, die Sonne kommt, die Erde und Natur ist rein gewaschen und strahlt nur so voller Leuchtkraft, das macht auch die Seele wieder frei und froh. In St-
16.05.2008 Freitag
20 km / 256 hm / 09:00 – 15 :45 Saint Mauricede bis Le Verou
Eine herrliche Aussicht genießen wir beim Start heute morgen, das Wetter meint es gut mit uns. Wir lassen es ruhig angehen, der Tag gestern war schon anstrengend, das heutige Ziel Le Verou liegt „nur“ 20 km entfernt. In St.Genix-
17.05.2008 Samstag
19 km / 485 hm / 09:30 – 16 :00 Le Veru bis Le Pin
Als wir am Morgen aufwachen, rauscht es gewaltig, es regnet in Strömen. Christa und die beiden anderen Damen reden gerade vom „Hier bleiben bei diesem Sauwetter“ als ich mich dazugeselle. Auf diese Option angesprochen, verneine ich strikt. „Was wenn es Mittag wieder aufhört zu regnen? Und überhaupt, was tun den ganzen Tag? Wir haben kein Auto, kein Fahrrad, keine deutsche Zeitung, kein Buch“. „Lieber mal eine Regen-
18.05.2008 Sonntag
27 km / 465 hm / 09:15 – 17:30 Le Pin bis St. Andre/St. Cote
Gut ausgeruht und gut gelaunt kommen wir zum Frühstück. Die Wäsche wartet zusammengelegt auf uns und die Schuhe sind – dank Papier – wieder trocken, welch ein Service. Das Frühstück gestaltet sich zum Sprachen-
19.05.2008 Montag
28 km / 433 hm / 09:15 – 19:45 St. Andre bis Moisier Sur Dolon
Wieder den Weg zurück in die Stadt St.Andre. Zum Frühstück gab es heute Pizza, zumindest für mich. Heut ist so ein Tag, man geht halt, nicht das wir schlecht gelaunt wären, aber die Landschaft gibt halt nicht soviel her, so kommen wir heute auch etwas langsamer vorwärts. Vormittag ist es saukalt, nachmittags wieder sonnig, aber der Wind zehrt einen aus. In Revel – Tourdan ist die Gite schon besetzt, sind auch nur 3 Zimmer, somit müssen wir weitergehen In unserem Führer steht was von einem Campingplatz, Aire naturelle de Camping, abseits des Pilgerweges, diesen gilt es nun zu suchen. Gar nicht so einfach, wenn man die übliche Beschilderung nicht mehr hat. Zwischendurch ruft unser Jüngster an und fragt nach der Möglichkeit den Zivildienst in Rottmoos zu machen, nicht gerade der günstigste Zeitpunkt. Schließlich stehen wir vor dem Bauernhaus, keine Klingel an der Haustüre wie so oft, das klopfen hört keiner. Einfach reingehen, wie wird der Wachhund reagieren? Christa aktiviert das Telefon, im Flur hinter der Tür hört man das Klingeln, ein Mann hebt ab. Die üblichen Worte „Pelerin sucht Übernachtung“. Es ist was frei, wann kommen wir, wo seid ihr? „Isi“ (hier) sagt Christa, aber wo ist isi? Erst als wir dann doch die Türe öffnen und wir dem Hausherrn samt Telefon gegenüberstehen, versteht er und beginnt schallend zu lachen. Wieder eines dieser kleinen netten Erlebnisse auf dem Wege. Die Gemütlichkeit des netten Hausherrn, der schon Jahre seine Frau pflegt, ist uns mehr Wert als ein luxuriöses Zimmer. Diese Nacht schlafen wir auch im Wohnwagen gut und duschen halt mal nicht. Der Hofhund freut sich jedes Mal, wenn wir zur Toilette gehen, er darf dann „Stöckchen holen“. Zum Abendessen gibt es Baguette und was wir sonst noch haben.
20.05.2008 Dienstag
26 km / 390 hm / 09:15 – 18:45 Moisier Sur Dolon bis Cavaney
Noch zwei Pilgerinnen haben hier übernachtet, wir bekommen sie aber nur kurz zu Gesicht, keine bekannten Gesichter. Wieder weht ein eiskalter Wind, wir ziehen Handschuhe und Stirnband über, gut dass wir so gut ausgerüstet sind. Ca. 2,5 km Anstieg haben wir zurück zum Jakobsweg. Wir gehen und gehen, plötzlich fällt mir ein, es gibt eine Variante des Weges und auf dem längeren sind wir, also wieder umkehren, „mecker, mecker“, die Strecke heute ist eh lang genug. Diese führt dann auf sehr steinigem, unangenehm zu gehenden Straßen, aber durch schöne grüne Natur. Fast keine Häuser und Ortschaften zeigen sich. Wieder einmal begleiten uns dunkle, gefährlich aussehende Gewitterwolken, Clonas ist erreicht, aber von einem Quartier, keine Spur. Schon am Ortsrand hätten wir auf den Hinweis „Campingplatz“ achten müssen. Also doch noch bis Chavanay – ist mir sowieso lieber. Bis dahin gibt es aber noch so einiges weitläufig zu überqueren; Zunächst die Eisenbahn, dann die Autobahn und zu guter Letzt, die Rhóne. Der Wind hat zugenommen, er weht uns schier von der Brücke, das Gehen ist sehr anstrengend, aber wir sehen vor uns die Stadt mit ihren Weinbergen im Hintergrund. Bloß nicht noch verlaufen, genau schauen wir im Führer nach, wo wir langgehen müssen. Bald ist das Hotel -
21.05.2008 Mittwoch
20 km / 750 hm / 09:00 – 16:45 Cavaney bis St. Julien
An diesem strahlenden Morgen machen wir erst noch einen Bummel durch die Altstadt mit ihren malerischen Gassen, im Hintergrund leuchten die Weinberge. Sehenswert diese Stadt, der Jakobsweg führt komischerweise nicht hindurch, das hatten wir auch schon in anderen Städten bemerkt. Über einen steilen Pfad gehen wir dann hoch zu einer Kappelle, von deren Platz man eine traumhafte Übersicht auf Cavaney hat und ein letztes mal die Rhóne sieht. Auf dem Weiterweg erfreuen wir uns an farbenprächtigen Wiesen, mit immer neuen, anderen Blumen, im Wind sich wogenden Bäumen und an mit Fels durchsetzten Landschaften. Wahrlich schön hier und das Wetter macht sein übriges. Am Wegesrand sitzt ein Pilger und macht Brotzeit, ich grüße in mit „ Bonjour, oder ist dir Servus lieber?“ Das kommt an, er stellt sich als Christian aus Tuntenhausen vor, 20 km von unserem Heimatort entfernt. Wir gesellen uns dazu und sind bald in ein Gespräch vertieft. Später, beim Aussichtspunkt trennen sich vorerst einmal unsere Wege, Christians Ziel von heute, ist etwas weiter. Wir wollen weitergehen, da werde ich auf zwei streunende Hunde aufmerksam, nicht gerade kleine, die lassen wir erstmal passieren denken
wir. Die beiden haben aber was ganz anderes im Kopf, es sind Hund und Hündin und nehmen überhaupt keine Notiz von uns, muss Liebe schön sein. Gite d`´etape Radio d´íci, hört sich gut an, da rufen wir an und bestellen vor, man weis ja nicht schon vorher, dass außer uns keiner mehr hier nächtigt. Die Zimmer sehr gut, die Küche -
22.05.2008 Donnerstag
25 km / 1010 hm / 08:45 – 17:00 St. Julien bis Les Setoux
Über tausend Höhenmeter auf 25 km verteilt warten heute auf uns. Über Wald und Wiesen führt der Weg in stetem auf und ab zur mittelalterlichen Stadt Bourg-
23.05.2008 Freitag
25 km / 520 hm / 09:00 – 17:00 Les Setoux bis Papierfabrik
Ärmellos marschier´n wir los, auf wunderschönen Wegen auf weichem Waldboden, so nach und nach überholen uns die jungen Freunde von gestern, wir wissen das wir uns immer wieder mal treffen werden. Viele schöne Pferde gibt es hier, aber lange Zeit keine Einkaufsmöglichkeit. Erst gegen Mittag erreichen wir eine Stadt, essen Salat zu Mittag und kaufen reichlich ein, wir wissen, am Abend müssen wir uns selbst versorgen. Hier treffen wir Petra wieder und gehen mit der Künstlerin gemeinsam bis zu einer Papierfabrik, die unser heutiges Quartier werden soll. Aus dem Jahre 1645 ist das imposante Gebäude, ich hatte eigentlich eine Bruchbude erwartet. An der Tür hängt ein Schild, das Petra folgend entziffert; tretet ein und macht es euch gemütlich, irgendwann kommt schon jemand zum einquartieren. Die Gite entpuppt sich als perfekt und sauberst, auch die Sanitäranlagen, keine Frage hier bleiben wir. Es gibt Käse, Wiener und sehr gutes Brot zum Abendessen, dazu warmen Tee. Der später ankommende Mark, ein Lebenskünstler besonderer Art, lässt sich irgendwie in die nächste Stadt fahren und bringt leckere Schokolade mit. Pilgerstempel und abkassiert, das Frühstück am nächsten Morgen genauso unpersönlich reingestellt, na ja man kann nicht alles haben, wichtig ist, wir haben gut geschlafen.
24.05.2008 Samstag
33 km / 771 hm / 08:45 – 19:45 Papierfabrik bis Saint Julien
Stirnband und Handschuhe sind heute beim weggehen gefragt, ein stürmischer Wind lässt die Luft noch kälter werden. Nach 2 km ziehen wir uns in der schönen Kirche komplett um, zum Teil nieselt es auch. Die Gegend hat sich die letzten Tage etwas gewandelt, wir sind im Vulkangebiet, überall gibt es vulkanartige Erhebungen. Auf dem Gebirgszug Massif du Meygal, überschreiten wir heute im Ort Raffy (1.276 m) den höchsten Punkt der Via Gebennensis. Im Bushäuserl, (andere Plätze gibt es wahrlich nicht viele) machen wir Brotzeit, hier ist vorher schon Petra gesessen. Diese holen wir später wieder ein und entscheiden, bei der Felsenstadt Queyriéres ein Quartier zu suchen. Beim Abstieg bietet sich ein traumhafter Blick auf die vor uns liegende Landschaft, alles wirkt neu und anders, der trübe Himmel macht alles noch gespenstischer. Die drei Esel neben der Straße sind den Ausblick schon gewohnt. Die Felsenstadt ist erreicht, die Gite noch 2,5 km außerhalb, „rufen wir doch an“, warne ich, „ist schon besetzt, müssen wir alles zurück und noch mal 7 km weiter“. Keine Chance gegen die beiden, dann trotte ich halt hinterher. Ja und dann? „Kompletto“ heißt es, „wir haben Hochzeitsgäste“. Ja so ist es halt… Petra guckt ganz betreten drein, Christa wählt gleich eine Nummer in St. Julien an, um zumindest jetzt Planungssicherheit zu haben. Zimmer gebongt, umziehen ein Gewitter naht und los geht`s. Petra muss ihren Frust runterlaufen, sie kann nicht mehr auf uns warten. 10 Min. später als Petra kommen wir gut gelaunt an und finden diese völlig ausgelaugt und fertig vor. Sie muss zum Abendessen überredet werden, ja ja, die Psyche. In dieser Gite treffen wir wieder die Christians, ein österreichisches Pärchen und Uwe, von Mark sehen wir nichts mehr. Es pritscht so richtig, wir werfen den Poncho über uns beide und laufen vierbeinig zum Restaurant. Essen vom feinsten, für je 15 Euro.
25.05.2008 Sonntag
17 km / 280 hm / 10:00 – 17:45 Saint Julien bis Le Puy
Noch vor dem Frühstück gehen wir hoch zur Kathedrale, wieder ein tolles altes Gebäude, alles gebaut aus großen einfachen Steinen. Neben dem Gebäude hat es gestern gebrannt, es glimmt immer noch aus dem Dach der Häuser, es war gestern gespenstisch anzusehen, wie bei Nieselregen der Rauch bei der Kirche aufstieg. Es regnet auch heute etwas, wir sind aber trotzdem gut drauf, besonders als wir Le Puy, die Überstadt mit ihren Vulkannadeln mit Marienstatue und Kirche St. Michael erblicken, Der Weg dorthin entpuppt sich dann aber doch noch als etwas stressig, Christa „muss mal“, aber wo? Und wir kommen dem Lärm und Verkehr immer näher. Bei der riesigen Kathedrale ist eine Baustelle, wir verlieren den Jakobsweg und schlängeln uns alsbald „führerlos“ durch steile und enge verwinkelte Gassen. Wo bleiben wir heute Nacht? Plötzlich stehen wir vor einer Jugendherberge, das Tor lässt sich aber nicht öffnen, wir umrunden den riesigen Block, finden aber keinen anderen Eingang. Ans Telefon geht auch keiner. Runter in die Stadt, das erste Hotel ist „Kompletto“, also weiter. Ein Passant wird auf uns aufmerksam und bietet seine Hilfe an, nur schwer verstehen wir ihn, beherzigen aber doch seinen Rat, wieder hoch zur Kathedrale zu gehen, zu teuer sind die Hotels in Le Puy. Gesagt getan, wieder zur Jugendherberge, dessen Tor sich nach einiger Schinderei doch noch öffnen lässt, niemand da, ein Schild besagt, das vielleicht um 20:00 Uhr jemand da ist. Christa wird`s jetzt zu bunt, Telefon raus und anrufen im Grand Séminaire, es klappt, wir bestellen gleich für drei Personen da sich uns ein deutscher Radpilger angeschlossen hat. Der Riesenkomplex befindet sich direkt neben der Kathedrale, man sieht, es geht doch. Das Abendessen sieht zwar etwas seltsam aus, schmeckt aber gut, noch einige Pilger mehr sind hier, insbesondere Schweizer lernen wir hier kennen. Zwei davon sind laut Aussage noch ca. ein Jahr unterwegs.
26.05.2008 Montag
8 km / 432 hm / 14:15 – 17:00 Le Puy bis Tallode
Der Pilgersegen um 7:00 Uhr lässt uns schon früh aufstehen. In der Kirche treffen wir wieder alt bekannte Gesichter. Noch eine Nacht bleiben? Nicht in diesem Haus und auch nicht in der nahen Gite, die gestern übersehen wurde. Was soll´s, wir stellen einen Rucksack im bewachten Gebäude ab und erkunden die nähere Umgebung mit leichtem Gepäck. Oben auf der Felsnadel thront die Kirche St. Michel über die Stadt, unbeschreiblich ist auch ihre innere Ausstrahlung, ruhig, atmosphärisch, Kraft gebend. Das österreichische Paar ist auch heroben und es entwickelt sich ein sehr freundschaftliches, lockeres Gespräch. Von Saalfelden sind sie unterwegs und wollen die Strecke bis Compostella durchgehen. Bei der Rückkehr zum Quartier treffen wir wieder auf unseren Helfer von gestern. Zufall oder nicht, wir freuen uns noch Danke sagen zu können. Es ist schwül, wir gehen runter zur Stadt, suchen den Bahnhof. Nach einigen Wirrungen, erklärt uns ein Mädchen, weit in „diese“ Richtung laufen zu müssen. Poncho drüber, es regnet wieder. Dann trotte ich Christa nach, weit, ganz weit in diese Richtung. Wir sehen beide kein Schild „le Gare“. Die Stadt geht aus, wieder fragen und ein gutes Stück wieder zurück, dann rechts und wir haben es geschafft. Von Aumont Aubrac nach Genf, am 31.05.2008, lösen wir die Fahrkarten für die Rückfahrt beim nicht deutsch sprechenden Beamten, was wir alles können. Wir freuen uns Le Puy nun um 14:00 verlassen zu können, die Stadt hat uns einige Nerven abverlangt, aber auch schönes geboten. Tallode ist unser Ziel, zunächst geht`s wieder den Berg hoch, wo oben der Wind ungezügelt blasen kann, regnen tut`s nicht mehr. Die Gegend wird öde, aber schön, wir kämpfen uns an einer Schlucht entlang, bewundern hier typische Glockentürme und erreichen schließlich die Gite bei einem Bauern. Das Zimmer teilen wir uns mit Uwe, glücklich geschieden, ein Fuß eine einzige Blase, der andere von einem früheren Unfall total zertrümmert. Ein Klasse Abendessen erwartet uns inmitten von anderen Gästen und Straßenarbeitern. Wieder eine nette und gute Unterhaltung.
27.05.2008 Dienstag
20 km / 428 hm / 09:00 – 17:30 Tallode bis Monistrol
Regen gestern Abend, wechselhaft als wir starten, am Nachmittag wieder Wind. Tolle alte Kapellen stehen am Wegesrand, Menschen oder andere Pilger sehen wir unterwegs fast keine. Auf und ab führt der Weg durch wunderschöne Gegend, der Boden ist zwar aufgeweicht, trotzdem sind die etwas steileren Abstiege kein Problem. Gibt der Wald die Sicht frei, sieht man die Chapelle Saint-
von Montbonnet, immer an exponierten Stellen aufgebaut. Schließlich haben wir Monistrol erreicht, das große Schild Pelerin, schlafen und essen 20 Euro, lädt ein, aber es gilt nicht mehr. Weitersuchen. Als nächstens treffen wir vor einem Restaurant viele Pilger, die aber zum Teil noch weiterwandern. Schließlich stehen wir vor einer privaten Gite, mit Zettel an der Türe, Türe offen, also rein. Drinnen drei gebrachte Rucksäcke, neun Betten, noch keins belegt. Was tun, hierbleiben? Etwas Unbehagen ist schon dabei, haben andere schon per Telefon reserviert? Die Rettung kommt in Form eines deutschen Ehepaars, die schon reserviert haben, aber auch nicht ganz sicher sind, was sich dann so anhört: „Liebling hast du denn wirklich angerufen?“ „Aber selbstverständlich Schatzilein.“ „Hier gibt es aber kein Doppelzimmer Liebling“, „aber Schatzilein, wir werden uns schon vertragen.“ Das geht ständig so. Wir packen unsere Sachen und sind schon wieder weg. Auf der neuen Suche treffen wir das österreichische Paar, die gerade auf der Suche nach einer Einkaufsmöglichkeit sind. Wir schließen uns gleich
an, bei ihnen in der Gite ist noch was frei. Eine gute Wahl, Zimmer und Sanitär sauber und vor allem kein Maßlos übertriebenes „Schatzilein“ in der Nähe.
28.05.2008 Mittwoch
25 km / 836 hm / 08:30 – 17:30 Monistrol bis Chanaleilles
Beim Frühstück sitzen wir heute allein, die Österreicher sind schon weg, sie Frühstücken meist erst später. Heute ist gleich ein Anstieg zu bewältigen, 600 hm ohne das es vorher einmal runtergeht, eine wahre Seltenheit.
Traumhaft der Aufstieg, Blicke in die Weite des Landes und runter zum überschwemmten Fluss Allier. Der Gebirgszug der Margeride erstreckt sich hier. Es scheint die Sonne, der Wind hält aber die Luft noch kühl. Der nächste Ort, Saugues, ist berühmt durch den Wolf von Sauges, der in drei Jahren über hundert Frauen und Kinder getötet hat, darüber wurde auch schon ein Film gedreht, heute mahnt ein großes holzgeschnitztes Ungeheuer vor dem Ort. Nach dreieinhalb Stunden Marsch haben wir eine Pause verdient, auf dem Platz vor der Kirche machen wir es uns gemütlich, beim Kiosk gibt es frisches Obst und ein Mann im Blaumann bietet uns nach netter Plauderei an, den seltenen Pilgerstempel in unsere Ausweise zu drucken, war das etwa der Pfarrer…? Stempel liegen in Frankreichs Kirchen nie auf! Bei Saugues stehen viele große Holzskulpturen neben dem Weg, natürlich auch der heilige Jakobus. Wir wandern weiter zum Weiler Le Falzet, hier steht ein kleiner Lieferwagen mit allerlei Dingen zum Verkauf, die man so für den Haushalt brauchen kann. Es ist schon eine verlassene Gegend hier, aber gerade das hat auch seinen Reiz. In Chanaleilles haben wir für heute Nacht gebucht, der Friedhof des Ortes ist schon von weitem sichtbar. Wieder einmal ein 6 Bettzimmer für uns alleine, obwohl mit Fritz und Bernhard noch zwei Pilger im gleichen Hause schlafen. Auf dem Weg zum Restaurant fängt
es wieder an zu regnen und es sollte auch bis zum nächsten Tag nicht aufhören.
29.05.2008 Donnerstag
23 km / 275 hm / 09:30 – 15:45 Chanaleilles bis Saint-
Beim Frühstück sitzen wir wieder mit den beiden Pilgerkollegen zusammen und tauschen nette Erfahrungen aus. Der Regen hat für reißende Bäche gesorgt, Teile der Landschaft stehen unter Wasser. Der Regen hat aber auch für eine bezaubernde Symphonie der Farben gesorgt. Unterwegs treffen wir auf „Schatzilein“, die kurze Unterhaltung ist aber ganz harmonisch und normal, wir sollen uns heute noch ein paar mal begegnen. Wir laufen froh und frei weiter, der Druck ist weg, Aumont Aubrac ist ohne Stress zu erreichen. Lange machen wir in einer Regenpause Brotzeit und schauen gemütlich den Kühen und Kälbern, Pferden und Fohlen zu, um diese Jahreszeit gibt es überall Jungtiere zu sehen. Die Welt blüht und leuchtet in voller Farbenpracht, neues Leben entsteht und teilt sich flatternd und twitschernd, quackend, zirpend und muhend mit, wir schätzen uns glücklich, das alles so nah, intensiv und rein, erleben zu dürfen. Der Wald wird verlassen, an einer riesigen psychiatrischen Klinik vorbei steigen wir ab in die Mitte des Ortes. Direkt neben der wunderschönen uralten Kirche ist das Chambre d`Hótes mit Pilgerlager. Heute dürfen wir mit 18 anderen Personen vorlieb nehmen. Auch Bernhard und Fritz wohnen heute hier. Nur einer schnarcht, bin aber nicht ich! Ich begebe mich zum Pförtner und „französische“ im aus, doch bitte ein Quartier für den nächsten Tag für uns zu buchen, in Bahnhofnähe. Na also, klappt doch. Endlich kann ich damit meine Frau entlasten, die das bisher immer hervorragend, mit wachsender Begeisterung erledigt hat. Beim Abendessen sitzen wir allein, am Tisch nebenan „Schatzilein“ allein, wir werden eingeladen doch an ihrem Tisch Platz zu nehmen, wir sind einverstanden. Es entwickelt sich ein wunderbares Gespräch, sie waren schon in Spanien und erzählen uns von dieser und jenen Erfahrung, ohne jede Affektiertheit. Unsere Vorurteile sind ausgeräumt, die beiden haben sich aber auch etwas geändert.
30.05.2008 Freitag
15 km / 326 hm / 10:00 – 15:15 S.-
Der letzte Wandertag steht vor uns, wir verabschieden uns von „Schatzilein“ und mit Bernhard und Fritz tauschen wir E-
31.05.2008 Samstag
Rückfahrt / Rückflug
Es ist noch dunkel als wir in den Bus einsteigen, nur langsam dämmert es, der Himmel ist bewölkt und trotzdem ist es schön zu beobachten wie der Tag erwacht. Nach ein paar Stunden Fahrt müssen wir umsteigen. Wieder fahren wir ca. 2 Stunden bis wir schließlich Montpellier erreichen. Montpellier? Wo liegt das eigentlich, wir haben uns nicht gekümmert wie die Rückreise vonstatten geht, wichtig war uns nur, rechtzeitig in Genf zu sein. Nun Montpellier liegt schon fast am Mittelmeer, dort steigen wir dann in den Zug und fahren über Lyon zurück nach Genf. Umweg? Nein, irgendwie doch die „optimalste“ Verbindung. Ist auch egal, um 16:00 Uhr sind wir in Genf. Einchecken, vor dem Flughafen Pause machen, warten bis sich das Gewitter verzieht, dann nach 30 Min Verspätung, Start. Wunderschöner Ausblick auf ein Meer aus Wolken und darüber die Sonne. Alexander erwartet uns schon, als wir mit triefnassen Rücksäcken den Flughafen verlassen. Großes Hallo und Freude über die gute Heimkehr. Jetzt wo ich das niederschreibe, sind es noch 14 Tage bis wir wieder einsteigen. Ich kann es kaum fassen und wir sind beide sehr, sehr dankbar, dieses alles gemeinsam Erleben zu dürfen.
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