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Di 21.08. Sant Anna -
Um 07:30 Uhr sitzen wir beim Frühstück, sind wohl etwas zu Früh, es steht noch keine Pane auf dem Tisch. Die Tischordnung sieht vor, dass jeder seinen eigenen Platz hat, so kommt man leider nicht mit anderen Menschen ins Gespräch. Das holen wir vor der Haustüre nach, die beiden Schweizerinnen wollen wie wir noch mal die Kirche besuchen.
Die Sonne kündigt einen schönen Tag an, ihre Strahlen quellen immer stärker aus den Bergen herab, ein tolles Bild. Einige Wege verlaufen hier und treffen sich später wieder. Kommen vorbei am Haus der heiligen Anna und wenig später an dem Felsen wo die Erscheinung gewesen sein soll. Dann steigen wir weiter auf den ersten Pass (Cima Moravacciere 2407) und passieren dabei den Lago del Sant Anna, dessen Wasser blaugrün herauf leuchtet.
Hier oben laufen wir bequem auf dem Grenzkamm Italien-
Nach etwa einer Stunde ist Isola 2000 versteckt zu sehen und die Pistenschneisen die in die Landschaft gerissen wurden. Beim Colle della Lombarda (2350) erreichen wir die Passstraße, einige Motorräder und Autos stehen hier. Schlechte Beschilderung lässt uns auf Teer weiterlaufen, bis endlich der Abzweig zum Passo d`Orgials abzweigt. Endlich weg von der Straße und auf Schotterwegen (Militärstraßen) in weiten Kehren den Berg hinauf. Nach der zweiten Pause am heutigen Tag, wechselt der Schotter in Blockgestein über. Darauf zu gehen ist ein Genuss, nicht zu steil, die Blöcke schön ausgerichtet. Höher und höher kommen wir, die Aussicht super, die Neugierde wächst, was erwartet uns drüben? Dann das Schild „Passo d`Orgials 2600“ und eine wilde zerklüftete Bergwelt tut sich auf.
Unten schimmern die Zwillingsseen Laghi della Valletta. Trotz der steilen Steinhalden, die auf den ersten Blick etwas furchteinflößend aussehen, ist der Steig nicht zu steil ausgebaut, verläuft optimal das Gelände nutzend nach unten. Die beiden Schweizer Frauen sehen wir gerade hinter einer Biegung verschwinden. Über drei Geländestufen geht es dem Rifugio Malinvern entgegen, Blockfelder, Schotterwege und zuletzt Almsteige mit saftigen Wiesen mit weißen Kühen neben uns, lassen wir dabei zurück. Murmeltiere pfeifen, sind aber nicht zu sehen. Über tausend Meter Abstieg lassen die Knie etwas jodeln, sie sind froh endlich eine Pause zu bekommen.
Eine schöne einladende Sonnenterrasse steht vor dem Quartier, neben Doris und Regina sitzen auch Michael und Barbara aus dem Schwarzwald hier. Die beiden zelten gerne und haben scheinbar jede Menge Zeit, sollten wir später erfahren. Heute bevorzugen sie das Rifugio. Zu den Getränken werden Chips angeboten, da sagen wir nicht nein.
Mi 22.08. Rif. Malinvern-
Abschied von den beiden Schweizerinnen, Regina hat Ohrenprobleme, in der Nacht bekam sie Fieber. Sie steigen ab zum nächsten Ort und suchen eine Apotheke auf, vermutlich werden sie ganz aussteigen. Auch zu Michael und Barbara sagen wir Servus, diese beiden Lebenskünstler werden heute irgendwo ihr Zelt aufschlagen.
100 Meter Abstieg, über einen Bach, dann geht es südöstlich auf eine Kuppe zum Lago Malvinvern. Ein großartiger Talschluss mit gespenstischer Felsszenerie rundherum. Die Sonne lässt warten, kommt durch die Nebel/Wolken nicht hindurch. Der Militärweg bahnt sich vom See über einen Moränenwall eines verschwundenen Gletschers hinauf zum Colletto di Valscure (2520). Dort oben betritt man den Naturpark Alpi Marittime. Zwischen den roten Steinen spitzen immer wieder alle möglichen Blumen und Pflanzen hervor. Knorrige Lärchen am Wegrand könnten wohl so manche Geschichte erzählen.
Menschen? Ja, drei Personen fischten beim Lago Malinvern. Später dann noch einige beim Lago Valscura.
Aber da müssen wir erst einmal hoch. Über eine Muräne eines ehemaligen Gletschers steigen wir erst noch über bewachsenes Gelände um später über Schotter die zahlreichen Serpentinen bis zum Colletto di Valscura zu laufen. Und was für ein Ausblick als wir auf dem schmalen Übersteig stehen.
Beschließen sofort, hier wird Pause gemacht und gehen nie mehr weg von hier. Während wir so sitzen kommt ein Ehepaar entgegen und bald darauf erscheinen Michael und Barbara und gesellen sich zu uns. Michael meint: „da hinten am oberen Lago werden wir heute übernachten“. „Bei dieser Kälte in der Nacht, an einem See frage ich?“ „Ja das geht“, meint er, „haben zwar kein Zelt, aber warme Schlafsäcke und Biwaksäcke“.
Irgendwann müssen wir doch weiter, der Steig ist gut ausgebaut, bald stehen wir am See, da tummeln sich doch einige Leute. Ziegen und Schafe weiden auf der Hochfläche, Käse wäre in einer Hütte zu kaufen. Wundern uns abermals über die Militärstraßen die in mühseliger Arbeit angelegt wurde, in vielen Kehren Richtung Tal führt, sogar durch Tunnels verläuft. Der grobe Schotter darauf ist nicht angenehm zu laufen. Wind, Sonne, Wolken, kalt ist es im Schatten, ja was denn nun, mal anziehen, mal ausziehen. Aber sonst haben wir keinerlei Probleme.
Das königliche Jagdschloss und Rifugio Valasco ist schon von weiten zu sehen, dort wollen wir bleiben, verteilen drei Tourenvorschläge auf vier Tage. Noch ist etwa eine Stunde zu gehen, dabei kommen zwei Esel mit Mann entgegen, es sieht fast wie ein Umzug aus, ein Bach wird überquert, der neben uns den Berg hinabstürzt.
Im 10 Bettenlager sollten wir alleine bleiben, in den drei Lagern nebenan sind so je 4 – 5 Leute. Ein Doppelzimmer bekamen wir keines mehr. Urgemütlich ist es im Innenhof, auf einer Empore nützen wir die Sonnenliegen.
Do 23.08. Rif. Valasco -
Wieder mal Wurst und Käse zum Frühstück, neben uns sitzen 2 Deutsche, denen die Etappen des GTA zu kurz sind, sie laufen nur Stückweise, weichen ab und zu ab, haben ein Zelt dabei und irgendwo ihr Wohnmobil stehen. „Wie heißt Lager auf italienisch fragen sie uns“, wir sagen Posta Tappa. Sie haben im Zelt geschlafen, obwohl noch viel frei war.
Terme di Valdieri, wie der Name schon sagt, gibt es in diesem Ort eine Therme. Viele GTA Gänger übernachten dort, um in den Genuss eines Bades zu kommen, bzw. um einen Tag zu entspannen. Unsere Erfahrungen bisher haben gezeigt, ein ganzer Ruhetag ist nicht so gut. Christas Körper fährt da komplett runter und sie tut sich ungemein schwer, wieder Tritt zu fassen um kontinuierlich weitergehen zu können. So ist unsere Planung eine andere, lieber zwei halbe Tage.
Wir laufen also an der Therme vorbei und stellen fest, das Becken ist relativ klein. Sich da einen ganzen Tag aufhalten? Natürlich ist das nur unsere Betrachtung von außen. Bei der nahen Kirche sind öffentliche Toiletten, die kommen gerade recht. Zwei der 4 „Angebote“ sind nach hygienischen Gesichtspunkten gerade noch benutzbar.
Gefühlte tausend Kehren durch wunderschönen Buchenwald bringen uns dem heutigen Ziel näher. Im Rifugio Morelli-
Er kommt und kommt nicht, so suchen wir halt so 20 Minuten früher einen gemütlichen Platz. Der Canalone di Lourousa gelangt in unser Blickfeld, himmelhohe Felswände der Argentera, die senkrecht in den Himmel ragen. Die Hütte ist zu sehen, wie ein Legohäuschen sticht das Gelb der Fassade aus dem grau der Felsen. 1 Stunde noch steht auf einem Wegweiser, es werden 1 ½. Aus dem Schottersteig wird ein Weg aus Blockgestein, 4 junge Wanderer und -
2 Gämsen mit Kind haben uns entdeckt, beäugen uns und laufen schließlich ruhig an uns vorbei. Viele Eidechsen flüchten vor unseren Schritten, der Himmel verdunkelt sich, es sieht nach Regen aus. Entferntes Donnergrollen beschleunigt, umziehen tun wir uns nicht mehr, die Hütte ist mit den ersten Regentropfen erreicht. Der Hüttenhund begrüßt uns bellend und schließt schnell Freundschaft. Bei der Reservierung ist etwas schiefgelaufen, der sympathische Wirt hatte uns schon gestern erwartet (der erste Kontakt wurde schon im Rifugio Malinvern aufgenommen). Aber das wichtigste, es ist was frei. Letztendlich sind nur wir und ein italienisches Paar Übernachtungsgäste.
Aufgeregtes Hundegebell lässt uns nach draußen sehen, ein Steinbock hat sein Gemüt in Wallung gebracht. Er versucht in zu vertreiben, hat aber einen Heidenrespekt vor diesem.
Doch kein Regen, ich liege noch eine halbe Stunde gut eingepackt im Liegestuhl.
Fr 24.08. Rif. Mo/Buzzi -
Eine Jause mitgenommen (keinerlei Einkaufsmöglichkeit) und raus bei Sonnenschein aber kalten Temperaturen. 200 Höhenmeter trennen uns von der Hütte bis zum Pass (Colle del Chiapouns 2526), die über Blockgestein zu überwinden sind. In den Schuttreisen rechts unterhalb der Felswände ist Eis versteckt, nur einmal müssen wir queren. Auf dem Pass ein wohl 300 Meter breiter Übergang, die Sonne wärmt, also umziehen. Das denkt sich wohl auch eine große Spinne, die Christa entdeckt hat, nicht das umziehen, aber sie nützt auch die Sonne zum Wärmen. Der steile Abstieg ist kein Problem, nur Stellen mit grobem Schotter verlangen große Vorsicht.
600 Meter hinab und der Lago del Chiotas ist erreicht, ein Stausee dem 1970 das Rifugio Genova zum Opfer fiel. Erst 1981 wurde es ersetzt, das jetzige Rifugio Genova-
Einchecken, Fanta und Sandwich gekauft und ein schönes Plätzchen am Lago Brocan zum „Chillen“ gesucht. Gar nicht so einfach, der Wind ist garstig. So 1 Stunde sitzen und liegen wir herum, schauen den Leuten zu, Kinder und Jugendliche klettern und springen auf den Felsen im Wasser herum, oder wir dösen ganz einfach.
Sind froh ein Zimmerchen zu haben, die Hütte ist bombenvoll, Dusche mit warmen Wasser gegen drei Euro und die schon zur Genüge bekannten Stehclos. Überraschung beim Abendessen, Gaby und Thomas sind wieder da. Durch unsere „Tourverlängerung“ haben sie uns wieder eingeholt. Gute Lage, gutes Essen, viele Leute und darum wohl teurer als andere Rifugios.
Sa 25.08. Rif. Figari -
Haben Zeit, lassen uns Zeit, mit 4 ½ Stunden ist die Tour ausgeschrieben. Gehen erst ein Stück zurück, am Stausee entlang, bis ein Schild nach rechts zum Colle di Fenestrelle weist. Viele Wolken am Himmel lassen die Sonne kaum durch, der Wind versucht sie zu vertreiben, mit mäßigem Erfolg. Felsformationen stechen hervor und sind bald darauf wieder gänzlich verschwunden, ebenso Berggipfel und der See unter uns. Wir gewinnen rasch an Höhe, sind guter Dinge und fit. Gestern beim Abstieg rätselte ich, wo wohl der Durchbruch für diese Etappe sein wird, kaum zu glauben, wie dieser Steig die Hürden nimmt die das Gelände im abverlangt. Nochmal verlieren wir 100 Höhenmeter, eine tiefe Rinne ist der Grund, dessen Schneefeld erst weiter unten überquert werden kann. Im Schuttfeld die Serpentinen hoch, die Colle di Fenestrelle (2463) ist erreicht.
Die Wolken verziehen sich mehr und mehr, im kleinen See spiegelt sich die Bergwelt, nochmal über ein Schneefeld und der Blick wird frei auf die Argentera rechts und dem mächtigen Monte Gelàs (3086) vor uns. Faszinierende Bilder, wieder einmal fühlen wir uns vogelfrei, Glücksgefühle rauschen durch unsere Körper. Südseitig reichen Grasmatten bis in diese Höhe und mit ihnen Blumen und seltene Gräser. Ein paar Gämsen lassen sich nicht stören, Murmeltiere sind etwas vorsichtiger, von unserem Pausenplatz dürfen wir sie aber beobachten und ablichten. Weit unten ist das Rifugio Soria-
Auf der Zubringerstraße für die Hütte wird das Gehen unangenehm, sehr grober Schotter strapaziert unsere Füße, sind froh später Abkürzer gehen zu können. Zwei Esel glauben wir hätten etwas Gutes für sie dabei. Irgendwann taucht San Giacomo vor uns auf, die Bar, das Ristorante, das Posta Tappa. Einquartiert im 7 Bettzimmer, Daten notiert, raus und Cappuccino getrunken, Gaby und Thomas sind auch da. Ein Spaziergang zum Jagdschloss von König Vittorio Emanuele II, ein edles Gebäude, umringt von Jahrhunderte alten Buchen, es wird jetzt als Jugendferienheim des Jesuitenordens genützt.
Christa muss später doch noch ins Stockbett, die Kammer hat sich gefüllt, die Nacht bleibt aber sehr ruhig. Wegen ein paar Regentropfen bauen wir eine provisorische Wäscheleine aus unseren Wanderstöcken.
So 26.08. San Giacomo -
Gestern noch war gar niemand da, erzählt die Herbergsmutter, diese Nacht ist alles voll. Ja wie man es halt erwischt, darum ist von Tag zu Tag vorreservieren nicht das schlechteste. Wegen der vielen Bergetappen ist das auch aus Sicherheitsgründen sinnvoll, erscheint man nicht wie abgemacht, rufen sich die Wirte zusammen um eventuelle Gründe für das Nichterscheinen zu erfahren. Daher gilt, bei Änderungen der geplanten Route immer Bescheid sagen, es dient der eigenen Sicherheit!
Vor der Toilette und dem Waschraum etwas Stau, wir kommen aber zügig durch. Eine Gruppe (Amerikaner) wandern nach Frankreich, so werden die Leute auf dem GTA weniger. Ein junger Mann bat mich gestern noch um Hilfe wegen seiner Routen Berechnung. Was mein Komoot da ausgespuckt hat, war schon sehr streng. Ca. 2000 Höhenmeter bei 29 Kilometer, ist zu schaffen, keine Frage, aber selbst die Hüttenwirte haben abgeraten.
Marschieren los in Richtung Schloss, als ein junger Mann vom Campingplatz herbeieilt und uns wissen lässt, das wäre verkehrt. Er hat Recht, wir sollen dem Fluss (Gesso Barra) entlanglaufen und schon bei der ersten Brücke diesen überqueren. Die zweite Brücke wäre gesperrt (nur auf eigene Gefahr) und die dritte ganz weggerissen. Vielen Dank für die Tipp`s.
Der Waldweg am Fluss entlang ist malerisch und gut zu laufen in abwechslungsreichem Auf und Ab. Viel zu schnell queren wir den Bach und befinden uns auf einer monotonen Teerstraße wieder. Hilft nichts, da müssen wir durch, wenn auch Christas Rücken murrt und schmerzt.
Nichts lenkt ab, auch nicht der Stausee zur rechten. Spannend wird es erst als wir den „Eingang“ zur Stadt Entracque suchen. Der GTA würde über Estotate direkt nach Trinita führen, wird aber nicht empfohlen. Nach langer Zeit eine Stadt, mal schauen. In der großen Kirche ist gerade Gottesdienst, wir suchen ein Geschäft oder ein Cafe und träumen von Obst. Wissen uns nicht so recht zu entscheiden. Gaby und Thomas die gerade vorbeikommen geht es genauso. So etwas wie ein Wolfsmuseum soll es geben (Centro Uomini e Lupi), interessiert uns nicht.
Ich sehe hinter einem Cafe so etwas wie einen Biergarten, „ok, probieren wir`s halt“, ist Christa nicht recht überzeugt, es sollte aber gut und richtig sein. Trinken ein großes Cola, essen Hamburger, super, schon sieht die Welt wieder anders aus. Ich gehe noch einkaufen, bisschen Obst, Tempos und Schokolade, dann geht es zügig dahin.
2 Stunden brauchen wir bis zur Locanda del Sorriso, ein hervorragendes Quartier. Die Schotterfahrstraße stört uns nicht, ein letzter Abzweig, kurz einen steilen Pfad nach oben und schon stehen wir in dem kleinen Ort, sehen unweit der Kirche das Locanda und beziehen bald ein schmuckes Zimmer. Ausruhen und gegenseitige Massage lässt die Zeit schnell verrinnen.