Rom - Siena - Wandern so lange der Urlaub reicht

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Rom - Edling

Rom ist das Ziel, Edling der Start. Das waren die ersten Eckpunkte. Da ja bekanntlich viele Wege nach Rom führen, so heißt es zumindest, müssen wir den für uns „richtigen“ finden. Zuerst war das Sammeln von Möglichkeiten, was gibt es für Erfahrungen, welche schon bekannten Wegstrecken kann man nützen und welche schon vorhandenen „Wünsche“ lassen sich damit verbinden. Als Wunsch steht da der Friedensweg – Bücher von Helmut Dumler – und eine Alpenüberquerung, also nicht nur Flussläufe zu nützen. Der Pragser Wildsee mit dem Dolomiti 1 steht auch auf meiner Wunschliste. Ich lese also Bücher  und schaue in Internetforen was es so gibt. Erste Erfolge sind die „Entdeckung“ der Via Francisgena, Pilgerweg von Canterbury über Lausanne, Parma nach Rom und der E 5 vom Bodensee nach Verona, zumindest der Abschnitt von Levico Therme. Wie komme ich am besten und schnellsten von Edling zum Pragser Wildsee? Karten werden studiert und so eine Route zusammengestellt. Es nimmt langsam Gestalt an, am schwierigsten empfand ich die Planung zwischen Parma und Verona. In dieser Gegend, Poebene, gibt es wenig gutes Kartenmaterial und ich fand keinerlei Erfahrungsberichte. Es stand aber noch ein wichtiger Faktor im Raum, die Zeit. Wann haben wir die Möglichkeit die Teilstrecken zu gehen? Nur in den Ferien, Ostern, Pfingsten und Sommer. Ein Handicap, betrachtet man die vielen Bergetappen. Die sind nur im August und Anfang September zu begehen (Schneelage, Hüttenöffnungszeiten). So entstand eine Planung die auf den ersten Blick etwas kompliziert aussieht und mit dem zweiten chaotisch. Also bedarf es als erstes eine kleine Einführung in unsere Gedanken. Bei einem Start an Ostern kommen wir nicht über die Berge, also drehen wir die Route um und starten in Rom. Ist es Pfingsten warm genug, gehen wir von zuhause bis..... soweit wir kommen. Dies wurde durch einen kurzfristigen Amerikaurlaub sowieso verworfen, aber im August nachgeholt. Somit entstand die Idee, Verona in den  Mittelpunkt unserer Wanderung zu stellen. Rom – Verona, Edling – Verona. Lassen Sie sich überraschen, was aus unseren Planungen geworden ist.

Heute im März 2012 geht es mit dem Pilgerweg Via Francigena, der auch Frankenstraße oder Frankenweg genannt wird,  los.
Anreise       „Start ins Ungewisse“


Werden wir unser Quartier finden? Diese Frage beschäftigt meine Frau schon eine ganze Zeit. Ich habe über Bekannte eine Adresse von den Salisianerinnen in Rom und diese Bekannte hat auch gleich für uns dort reservieren lassen. Zwar eine große Erleichterung, da wir kaum Englisch und bis auf ein paar Höflichkeitsfloskeln kein Italienisch sprechen. Trotzdem ist es für Christa irgendwie komisch, nicht zu wissen wo das genau ist und wie man dort am besten hinkommt. Noch kann sie sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, überhaupt reserviert zu haben. Es kommt wie´s kommt, ist ihr Motto beim pilgern. Am Flughafen in Rom finden wir dann sofort ein Großraumtaxi, welches uns auch gleich mitnimmt. Irgendetwas stimmt aber nicht, er findet die angegebene Adresse nicht. Da die Telefonnummer dabei steht, ruft er bei den Salisianerinnen an und erklärt uns dann mit einem riesengroßen Wortschwall, den uns ein Mitfahrgast übersetzt, der Straßenname auf dem Zettel sei falsch. Jetzt wisse er aber wo er hinfahren muss, um uns los zu werden. Und ich bin meinen Sonnenhut los, den lasse ich in der Hektik im Taxi liegen. Es ist schon sehr spät als wir an der Haustüre klingeln, es werden doch nicht schon alle im Bett sein? Nein, nein, kein Problem erfahren wir dann gleich. Um unsere angespannten Nerven zu beruhigen, machen wir noch einen Nachtspaziergang.

Stadtbesichtigung               „Die Weltstadt Rom“
                                               
Wir brauchen zur Erkundung der Stadt eine Karte, also suchen wir einen Kiosk auf, im Ständer gibt es so allerlei in dieser Richtung. Der Verkäufer, ein etwa 60 jähriger Herr im noblen Anzug reicht mir eine. Alle Sehenswürdigkeiten sind abgebildet und alle Straßen eingezeichnet, eine richtige Touristenkarte also. Ich nehme gerne an und bedanke mich beim weggehen. Christa fragt was sie denn gekostet hätte, ich sage "nichts, er hat sie mir geschenkt", bin mir aber dabei gar nicht mehr so sicher. Ich ziehe die Karte aus der Tasche und sehe doch glatt das Preisschild, 3.00 Euro steht darauf. Als Dieb will ich hier mitten in Rom nicht gelten und kehre sofort um. Der Verkäufer selber war etwas erstaunt er hatte gar nicht bemerkt, dass die Karte ein Preisschild hatte, nimmt die drei Euro aber doch mit vielen "Grazies" an. Welche Straße ist wohl gestern das Taxi gefahren, dass wäre der kürzeste Weg. Ein Blick in die Karte zeigt mir aber, dazu sind wir schon viel zu weit gelaufen. Wir finden dann aber doch ganz gut durch das Wirrwarr an Straßen und Gassen. Beinahe an jeder Ecke stehen historische Gebäude und erzählen von einer aufregenden Geschichte. Hier bei den Ausgrabungen sind es nur noch Teilstücke, geschützte Reste von uralten Zeitzeugen. Ständig nerven farbige Verkäufer von Sonnenbrillen, Schals, Gürteln und sonstigen Sachen, auch sie sind an jeder Ecke anzutreffen. Das Kolosseum ist erreicht, diese riesige Arena, in der vor langer Zeit noch Gladiatoren zur Erheiterung der Menge um ihr Leben gekämpft haben. Eine Besichtigung oder gar Führung haben wir nicht vor, wir wollen uns nur eine grobe Übersicht über diese berühmte Stadt verschaffen. So entsteht die Idee, ein 24 Std. Busticket zu kaufen, eine Rundfahrt zu machen um dann punktuell aus zusteigen. Am Petersdom sind wir überrascht keinen Eintritt zahlen zu müssen. Was Christa aber Kopfzerbrechen bereitet, ist die elektronische Schleuse durch die wir müssen. Sie hat doch ein "riesiges" Taschenmesser dabei mit 3 cm Klingenlänge. Erst als ich das Messer in meinen Rucksack verstaue und ohne Probleme "durchkomme", sind ihre Bedenken zerstreut und wir können die gigantischen Ausmaße des Dom`s – der über 10.000 Besucher aufnehmen kann, samt seiner großartigen Ausstattung bewundern. Auf den Turm, bzw. Kuppel wollen wir auch hinauf. 510 Stufen zu Fuß für 5 € oder "nur" 320 Stufen für 7 €, dafür darf man ein kleines Stück mit dem Aufzug fahren. Wir verzichten gerne auf den prall gefüllten Aufzug und gehen alles zu Fuß. Stau ist vorprogrammiert bei der Menschenmenge, insbesondere wo die Stufen eng werden und die Neigung der Kuppel sicht- und spürbar wird. Oben ist dann fast kein vorwärts kommen mehr, Geduld ist gefragt, trotzdem ist der Blick über die Dächer von Rom schon etwas besonderes. Hier kommt auch die Größe des Platzes vor dem Dom so richtig zur Geltung. Wieder unten angekommen bitte ich in einem Geschäft die Souvenier verkaufende Schwester um einen Stempel für unsere Pilgerausweise, bekomme ich aber nicht. Der Verkauf des Ramsch´s hier im Laden erscheint wichtiger. Nur der Hinweis ich soll zur "La Posta" gehen, was wir dann auch machen. Dort einen Stempel? Nein wirklich nicht, was fällt mir überhaupt ein zu fragen, so deute ich den barschen Ton  und den abweisenden Blick. Keine Spur einer Bemühung oder Erklärung wohin ich mich wenden soll. Also lassen wir es bleiben, ist ja auch nicht so wichtig. In Venedig war uns ein Cappuccino am Markusplatz für 6 € zu teuer, unweit vom Petersdom zahlen wir 11,50 € für zwei, auch hier muss das Gedeck mitbezahlt werden. Beim Heimweg in unser Quartier suchen wir eine kürzere Route, wollen diese morgen bei unserem Start benützen. Einkauf von Brotzeit und Abendessen, es gibt viel frisches Obst. Mhh, Lecker.


Rom  -  La Storta           „raus aus der Anonymität“    
                                                                     
Zeitig aufstehen, Frühstücken und Abschied nehmen von den netten Schwestern. Der Weg zum Kolosseum ist schnell gefunden, der Bus – die Tickets von gestern sind noch gültig – bringt uns zum Petersdom. Bei der Lektüre unseres Reiseführers gestern Abend habe ich gelesen, dass man in der Sakristei den Stempel bekommen würde. Noch mal versuchen? Nein, entscheiden wir, als wir die Masse an Leuten sehen, die jetzt um 9:30 h um Einlass begehren. Wo geht es hier wohl raus, der Straßenname stimmt, aber die Richtung? Das kann nicht sein. Zwei Polizeibeamte kommen mir gerade recht, aha, da geht es entlang, der nächste Straßenname steht auch auf meiner Karte, jetzt kann nichts mehr schief gehen. Die Menschenmassen werden weniger, es entspannt sich, ein Abkürzer über Treppen durch etwas Gebüsch tut gut, auch unseren gefüllten Blasen..., pinkeln kann sooo schön sein. Das heute Teerstraßen gelaufen werden müssen, war uns klar, bei ca. der Hälfte davon war noch ein Gehsteig oder ein Seitenstreifen vorhanden. Bei der anderen Hälfte ist äußerste Vorsicht geboten, das heißt Zehen und Po einziehen, denn es gibt eben solche und solche Autofahrer. Die Bahnführung linker Hand bot eine gute Orientierung auf dieser 17 km langen Strecke bis la Storta, was wir trotz zweier Pausen schon um 14:30 h erreichten. Das Instituto Figlie  Del Sacro Cuore haben wir uns als Übernachtung ausgesucht, wieder ein Orden wo man ohne Anmeldung und nur mit Pilger- ausweis nächtigen kann. Wir nützen heute auch das Angebot der Küche zum Abendbrot. Es wird Reis mit Butter aufgetischt, dann gibt es Fisch und Romanesco, Thunfisch, Eier und Brot. Ich frage gerade Christa ob sie nicht Lust auf Prosecco hätte und schon kommt eine Schwester und bietet Rotwein an, als hätte sie gelauscht. Wir sind heute neben einem Geistlichen die einzigen Gäste, fünf deutsche Betriebsurlauber sind kurz vorher abgereist. Trotzdem heute Freitag ist, bekommt der Herr am Nebentisch, Fleisch serviert. Das hat mich schon etwas verwundert.

La Storta - Campagno di Roma   „unfreiwillige Rundreise“
                                                    
War die Strecke gestern überwiegend von Asphaltstraßen beherrscht, die links und rechts von Häusern gesäumt waren, kommen wir heute bald auf einen bequemen Feldweg. Wie sich das Wetter entwickeln wird, bleibt lange Zeit spannend. Eine eigentümliche Atmosphäre macht sich breit, etwas trübe und doch zeigt sich diese italienische Landschaft in malerischen Farben. Ist es hier anders als zuhause? Nun sicherlich wachsen hier etwas andere Sträucher, auch Bambus und sehr hohes Schilf. Soviel Gerümpel wie hier liegt zuhause garantiert nicht herum. Das ist wirklich beschämend, überall entstehen neue prächtige Villen, die Frauen haben die modernsten Kleider an und die Männer laufen in Sakko´s und Lederschuhen rum. Aber dass sich jemand um den Abfall und den Müll, der nicht erst seit gestern neben den Straßen oder auch mitten auf den Feldern liegt kümmern würde, fällt keinem ein. Wo wir gerade stehen und die Ziegen fotografieren, besteht der "Zaun" rein aus Sperr- müll, unglaublich. Später wird der Weg eine breitere Schotterstraße, die sich auf langgezogene Hügeln zieht. Der Blick wird freier, unsere neugierigen Augen wandern aufmerksam mit den Füßen mit. Ein Schild mit Reiter und Radfahrer steht vor uns, der Blick in den Wanderführer erklärt, hier könne man gut eine Abkürzung machen. Blauäugig wie wir noch sind betreten wir froh diesen Pfad der durch zum Teil knietiefe bewachsene Felder führt. Das frische Grün, der weiche Weg, eine wahre Pracht. Später dann, bei Abzweigungen kommen die ersten Zweifel, ob unsere Entscheidung die Richtige war. Keine Markierungen mehr, der Pfad wird immer dünner. Unseren Standort jetzt auf der Karte festzumachen, ist unmöglich. Aber es hilft nichts, umkehren wollen wir auch nicht, also einfach nach Gefühl weitergehen. Wir sind aber zu zweit und jeder hat so seine Gefühle, in der Sache Orientierung bin ich aber ganz gut. Noch ein paar Leute "gefragt" (die Verständigung hapert doch sehr), ja, ja, da geht es lang. Dann endlich wieder das ersehnte Pilgerzeichen. Eine Bestimmung des Standortes wollte noch nicht gelingen. Etwa 1 ½ Stunden folgen wir in sehr abwechslungsreicher Landschaft der Markierung, die an einer Haupt- straße dann plötzlich wieder weg ist. Es kann nur rechts gehen entscheide ich – stimmt auch – zwar kein Pilgerweg mehr, aber die Richtung stimmt. Bei einem Autohändler erfrage ich tatsächlich unseren Standort auf der Karte, noch drei Kilometer bis nach Formello. Die ganze Zeit über sehen wir keine passende Gelegenheit um uns irgendwo gemütlich niederzulassen, in der Stadt lädt am Spielplatz endlich eine Bank dazu ein. Wo war doch gleich der Obstladen? Nun ja, ohne Rucksack sind die 300 Meter schnell zurück gelaufen.  Ich gucke noch in die Altstadt und finde tatsächlich den Weg wieder, der hier durch enge malerische Gassen hereingeführt hätte. Was soll´s, wird schon seinen Grund gehabt haben, warum wir diesen Weg nicht ge- funden haben. Ein  kleines Nickerchen und Kraft tanken, die wir noch zur Genüge brauchen werden. Steil führt die schmale Straße aus dem Städtchen hinaus, wieder teilt sich der Weg, gleich zwei Personen frage ich nach dem Weiterweg, keiner kann diesen so richtig erklären, alle deuten auf die eine Richtung. Also die Beschilderung ist da, sogar üppig und doch habe ich ein komisches Gefühl im Bauch. Vereinzelt taucht ein gelbes Pilgerzeichen auf, mit Pfeil nach Rom. Hier waren wir aber noch nicht, also muss der Weg von Rom eigentlich wegführen. Auch mein Schattenbild gefällt mir nicht, müsste mein Schatten nicht rechts von mir sein? Wenn wir nach Norden gehen und die Sonne jetzt um 13:30 in Westen ist, ja eigentlich schon. Nach ein paar Kilometern dann die Gewissheit, wir sind tatsächlich im Kreis gelaufen. Der markierte Weg war eine Variante, beide führen nach Rom, oder von Rom weg. In einem Restaurant schließlich fragen wir nach einem Taxi, das uns wieder nach Formella bringen soll. 120 Euro sind uns aber gewaltig zu teuer, einen Bus gibt es auch, dort drüben fährt er weg. Bald schon kommt er, die Türen öffnen sich, ein Passant steigt vor uns ein. Christa fragt: "Nach Campagno di Roma"? Nein! schallt es ihr entgegen, keine Chance mehr "Formello" zu sagen. Die Türen schließen sich, der Bus ist weg. Konsterniert sitzen wir dann am Straßenrand und harren der Dinge, Christa ist über die gerade erlebte grobe Unfreundlichkeit noch sichtlich geschockt und spricht dann aus, was schon eine Zeit lang in ihrem Kopf herumspuckt, "ich will nach Hause"! Kurz darauf hält ein Auto, "kann ich helfen"? verstehen wir. "Natürlich, wir wollen nach Formello"....Wir zwängen uns mit den großen Rucksäcken in den Wagen und schon bald ist das ersehnte Ziel ein zweites mal erreicht. Vielen Dank! Später irgendwann erfahren wir, die Bustickets müssen vorher schon entweder in einer Bar oder an einer Tankstelle gekauft werden. Den ursprünglichen Weg gehen wir nicht mehr, entscheiden uns für die Straße und machen dadurch einen riesigen Umweg. Campagnano die Roma hört sich spritzig an, als wir endlich ankommen sind wir das Gegenteil davon. Ein Oratorio soll es hier geben, eine Art Herberge mit 100 Plätzen, die gefragten Leute deuten zwar alle in die gleiche Richtung, wir finden sie aber nicht. So bekommen wir feudalere Betten in einem Hotel, mit etwas Preisnachlass. Zum Abendessen finden wir eine nahe Pizzeria, vorweg genommen, hier aßen wir die beste Pizza auf dem gesamten Weg.

Campagno di Roma - Sutri    „unschönes Italien

Capuccino und ein Crousant ist im nahen Cafe einzunehmen, ein italienisches Frühstück unterscheidet schon sehr von einem Deutschen. Gestern schon war für uns klar, die Variante zu gehen um den Asphalt samt seiner Motorisierung zu meiden. Ein Stück der Strecke ist uns von gestern schon bekannt, viele Markierungen führen den steilen Berg hinunter. Wieder sind wir begeistert von der Landschaft und der Atmosphäre. 5 Reiter überholen uns auf edlen Pferden. Bei einer Weggabelung ohne Markierung entscheiden wir uns für den breiteren Weg, der langgezogen auf eine Anhöhe führt, welch schöner Blick zurück. Eine Kreuzung wird geradeaus überquert, noch immer keine Markierung und auch keine Menschenseele. Einen Sturz abwärts im Schotter übersteht Christa gimpflich, etwas weiter dann endet die Straße bei einem kleinen Gehöft. Die ca. 5 Kilometer müssen wir wieder zurück, erklärt uns der Bauer. Unsere Freude wandelt sich um in Frust. Alle Abzweigungen erkunde beim Rückweg genau,  mehrere Meter weit, keinerlei Markierung. Es hilft nichts, dann halt doch auf dem Originalweg gehen. Ein Supermarkt hat heute am Sonntag offen, den nützen wir natürlich und machen dort auch gleich Brotzeit. Die Wegführung lässt uns Seitenstraßen begehen und führt dann über Karrenwege weiter. Vorbei am hier üblichen Müll (Schutthalden kann man nicht sagen, da einfach neben die Straße geworfen) landen wir schließlich wieder auf einer Hauptstraße, die aber Gott sei dank wenig befahren ist. Einen Kilometer weiter leitet uns ein Wegweiser rechts ab, dann halb links. Junge Leute die einen Zaun streichen meinen ich solle doch helfen, ich erwidere "wenn ihr meinen Rucksack weitertragt, gerne". Das Angebot wird lachend abgelehnt. Am Ortsende gibt es noch eine Markierung, dann stehen wir auf einer Wiese und sehen keinen Weg mehr, werden wir verarscht? denke ich. Ein umgestürzter Baum war für diese Misere verantwortlich, er verdeckte den Pfad. Na also, da ist sogar wieder ein Zeichen, wenn auch das letzte. Wir quälen uns durch Dornenranken, langem Gras, überqueren einen Graben, um schließlich etwas weiter einen Forstweg zu erreichen, welcher zu einer Bundesstraße führt. Mein Gefühl führt uns nach links und bald ist eine Straßenbrücke über die SS2 erreicht. Ich weiß, jetzt gibt es keine Alternative mehr, wir müssen auf die Schnellstraße, oder irgendwo ins Nirvana, wozu Christa aber nach langer Bedenkzeit auch keine Lust hat. Lange Zeit können wir die Straße noch vermeiden, da eine Privatstraße parallel dazu führt, später schützt uns eine ewig lange Zubringerstraße mit einer etwa einen Meter hohen Betonmauer vor den wenigen aber rasenden Autos. In Monterosi dann sehen wir die neu ausgezeichnete Beschilderung die ins Gelände führt. Wäre sicher ein schönerer und psychisch nicht so anstrengender Weg gewesen. Müssen eben doch einen Tribut bezahlen, warum laufen wir auch gegen den Strom? Von Monterosi nach Sutri finden wir leicht, Nussbaumplantagen säumen den Schotterweg, es ist warm, der Verwesungsgeruch eines toten Dachses weht uns entgegen. Natürlich werfen wir einen Blick ins Amphitheater aus vorrömischer Zeit, welches vermutlich die Etrusker in den Tuffstein geschlagen haben und Platz für 9000 Zuschauer hat. In der Altstadt erreichen wir das gesuchte Monache Carmelitane die Clausura in der Via Garibaldi 1. Tatsächlich öffnet sich nach unserem Läuten die Türe und eine Schwester fragt hinter einem Holzgeflecht nach unseren Wünschen. Ich komme mir vor wie in einem riesigen Beichtstuhl, auch dort ist ja der Geistliche kaum zu sehen. In ein hölzernes "Drehfenster" geben wir die 24 Euro und unsere Pilger- und Personalausweise, welche wir bald darauf auf diesem Weg wieder zurückbekommen, samt Schlüssel für unsere Behausung. Diese liegt ein paar Schritte weiter und stellt sich als sehr klammes Dreibettzimmer heraus. Dem Boiler fehlt noch Strom, so das wir auf eine warme Dusche noch etwas warten müssen. Die Pizzeria am Abend ist gemütlich und beheizt, die gewaschene Wäsche in der Früh um keinen Deut trockener.


Sutri  - San Martino   „Ein seltsamer Herr“  

                                                                            
Das Taubenkonzert am Morgen kann mich wenig begeistern, es ist mir zu eintönig. Die nassen Kleidungsstücke hängen wir an den Rucksack, dann geht´s wieder los. Das Wetter ist nicht schlecht, wenn auch die Sonne erst spät kommt. Der Weg auf der Teerstraße ist hart, die Landschaft nicht gerade prickelnd, zumindest fahren aber wenig Autos. In Ronciglione dagegen sind wir begeistert von der Altstadt mit ihrer Burg. Gerade noch sehen wir das große braune Schild "Via Francigena", das uns durch enge historische Gassen, zum Teil steil nach oben führt. Dann heißt es durch die lange Wohnsiedlung zu finden, wobei mir meine Karte gute Dienste erweist. Stetig verläuft der Weg dann bei flacher Steigung immer höher in herrlicher Natur. Nussbaumplantagen, braune Felder  und grüne Wiesen wechseln sich ab, rechts sehen wir später den Lago di Vico  unter uns liegen. Ein Buchenwald beginnt, der gar nicht mehr aufhören will, manchmal zweifle ich an der Richtigkeit des Weges und atme auf, wenn im Wanderführer beschriebene Stellen wieder mit unserem Standort übereinstimmen. Im Wald blüht alles mögliche, der höchste Punkt (911 m) ist mit Cima Coppi beschildert. Der Rucksack erscheint mir heute besonders schwer, zu- dem hängt er etwas einseitig, dass muss ich ändern. Die Strecke ist mit 29 km von Sutri nach Viterbo als die kürzere beschrieben, schlaucht durch den langen Anstieg aber ungemein. Gleichmäßig führt die Furt wieder nach unten und macht Blicke frei auf die andere Seite des Berges. San Martino, wir sitzen am Straßenrand vor dem Tor in der Stadtmauer und überlegen hier zu bleiben, gibt es eine Übernachtung? Ein Blick noch in die Kirche, schäbig, Wasserflecken, dunkel, ich fühle mich hier nicht wohl, diese zweitürmige gotische Zisterzienserabtei muss dringend renoviert werden. Die kleine Stadt mit vollständiger Stadtmauer ist an den Hang gebaut, so führt die Straße die wir beschreiten, bergab. Ich gehe auf der rechten Seite etwas vorne, Christa links, als uns ein schwarzer Herr mit weißem Kragen, also wohl der Herr Pfarrer, auffällt. Er sieht Christa mit ihrem großen Rucksack kommen und ist imstande die Straßenseite zu wechseln, als plötzlich ich in sein Blickfeld komme. Daraufhin zieht er es vor, uns keines Blickes würdigend, ganz nach rechts auszuweichen und in einem Geschäft zu verschwinden. Ein merkwürdiges Verhalten, hat er mit Pilgern so schlechte Erfahrungen gemacht? Angst, uns ein Quartier anbieten zu müssen? Was auch immer sein

Verhalten beeinflusst haben mag, wir finden ein sehr feines B&B zu günstigem Preis und fühlen uns darin so richtig pudelwohl. Am Nachmittag ist es kühl geworden, eine heiße Dusche kommt da gerade zur rechten Zeit.

San Martion - Montefiascon       „Peinliches Missverständnis“    
                                          
Im Preis war sogar ein Frühstück enthalten, neben einem Croissant gibt es auch Weißbrot mit Marmelade und ein Glas Saft. Ca. 5 km sind bis Viterbo zu gehen. Leider wieder auf Teerstraßen, die beschriebenen Abkürzer sind wegen Baumfällarbeiten nicht begehbar. Lange Zeit können wir einen Gehstreifen nützen. Ich passiere einen Gitterrost und schon ist der Stöpsel meines Wanderstocks weg. Kurz die Lage erkundet, der Schacht ist nur etwa 50 cm tief. Ich entferne den etwas eingewachsenen Rost etwas mühselig und ignoriere dabei das Gehupe der Autofahrer und der Stöpsel ist wieder mein. Was die sich wohl über diesen Pilger gedacht haben? Auch Viterbo ist von einer noch vollständigen hohen Stadtmauer umgeben und wesentlich größer als San Martino. So richtig inspiriert hat uns diese Stadt aber nicht, obwohl berühmte alte Gebäude zu sehen sind. So der Dom, aufgebaut auf einer Ruine eines Herkulestempels und der alte Papstpalast (Palazzi dei Papi). Nun, wir sind auf der Durchreise und nehmen uns wenig Zeit für die Historie. Ein Laden kommt, wir kaufen uns eine Brotzeit und viel Obst von dem wir auf einer nahen Bank gleich einmal einiges verspeisen. Besonders Obst ist zum tragen relativ schwer. Kreuz und quer sind wir durch die Stadt gelaufen, haben auf keine Beschilderung mehr geachtet und wissen nun nicht wo "unser" Weg weiterführt. Ich bin gerade in meine Karte vertieft, als mich ein junger Mann anspricht, mit einem Handy in der Hand. Ich glaub´s nicht, will mir hier einer einen Handyvertrag verkaufen? Mit No, No, wimmle ich in ab, verstanden habe ich natürlich Null was er in Wirklichkeit von mir wollte. Christa meinte, er wollte uns wohl behilflich sein und mit GPS unseren Standort ermitteln. Und ich? hatte nur negatives im Kopf und den armen Kerl schroff abgewiesen. Ein Grund nachzudenken warum ich so handelte. Zu oft wohl werden wir im Alltag von Anbietern belästigt die keine Mittel scheuen um ihre Produkte loszuwerden. Im Unterbewusstsein trage ich das auch noch auf meinem Wanderurlaub mit. Natürlich finden wir aus der Stadt hinaus und tauchen dann ein in eine wunderschöne Landschaft. Schwefelgeruch lässt ahnen, dass wir wohl bald die warmen Thermalquellen erreichen. In riesigen, in den Boden eingelassenen "Badewannen" sitzen Menschen in der Bacucco-Quelle die mit 58°C die Erdoberfläche erreicht. Sie soll gut gegen Knochenschmerzen sein, eigentlich das richtige für unsere müden Körper. So ein schönes heißes Bad würde uns schon jucken. Wissend, dass es in die nächste Ortschaft noch weit zu laufen ist, lassen wir es doch lieber bleiben. Bald ist der Weg mit großen Steinen gepflastert, sie sieht gut aus die Via Cassia, die Römerstraße, ist aber zum gehen unangenehm. Stetig führt sie bergauf, der mächtigen Burganlage entgehen, die immer näher kommt. Dann stehen wir wieder einmal an einer Straßenkreuzung und suchen vergeblich nach einem Wegweiser. (Am nächsten Tag sehen wir das er eigentlich groß genug gewesen wäre). Centro di Spiritualita lese ich an der großen Festungsmauer, da müssen wir hin, ich läute an der Nr. 4, niemand macht auf, einmal den Block umrunden, nochmal läuten, wieder nichts, also doch im Hotel Urbano übernachten. Später steigen wir zum Park Rocca dei Papi hinauf, mit wunderbarem Rundblick ins Umland und kommen doch tatsächlich am "richtigen" Centro die Spiritualita vorbei, hier hätten wir läuten müssen!  Wir genießen die Ruhe und die Stimmung hier oben und beobachten einen Mann der uns immer folgt. Ein Schild zeigt uns den morgigen Weiterweg an, was der Mann auf befragen bestätigt. Dabei stellt sich heraus, er ist der "Torwächter" und wartet darauf, dass wir den Platz wieder verlassen um absperren zu können.

Montefiascon - San Lorenzo         „Es taut.............wird wärmer“  
                                        
Ein gutes Frühstück stimmt uns ein für den heutigen Tag. Erst mal steigen wir wieder hoch zum Park, besichtigen La Rocco dei Papi, die Burg der Päpste. Sie war ein Fluchtpunkt der Päpste, wenn es in Rom zu unruhig und gefährlich wurde und war eine der ersten etruskischen Wehranlagen, welche  um das Jahr 1000 umgebaut wurde. Wir besteigen einen Turm und blicken hinüber zum Bolsena-See. Hier wird der Wein Est! Est! Est! noch immer angebaut. Der Weg wechselt bald von einer Teer- straße zu Schotterpisten und geht später sogar in einen Waldweg über, worüber sich unsere Füße besonders freuen. Das Wetter meint es gut mit uns, es soll bis zum Abend angenehm warm bleiben, ideales Wanderwetter. So nach und nach scheint auch das Gemüt der Leute etwas "wärmer" zu werden. Die Leute grüßen mehr – eine alte Frau äußert sich bewundernd über Christas stramme Wadeln – Radlfahrer rufen Ciao oder Salve. Vereinzelt sind auch andere Wanderer unterwegs, die wie wir begeistert sind von den wunderbaren Ausblicken hinunter zum See. Christas Schuhbänder sind offen, um sie zu binden stellt sie den Fuß auf einen Hügel und erschrickt ganz furchtbar, als sich unter der Sohle etwas bewegt. Die vermutete Schlange stellte sich aber als verbogenes Eisenstück heraus. In Bolsena dann wäre es eine Sünde, an allen Cafe´s vorbei zulaufen. Wieder führt die Via Francigena direkt durch die sehr saubere Burganlage, um dann nach den letzten Häusern wieder in eine Feldstraße zu münden. Eine riesige Schafherde kommt uns entgegen, wir setzen uns auf Felsblöcke und sind bald von blökenden Schafen umringt. Der Staub lichtet sich, weiter geht´s. Noch einmal sollte eine Variante von der Teerstraße wegführen, aufgrund der späten Stunde, schon 17:30 bevorzugen wir aber doch die Fahrstraße (mit Seitenstreifen), welche sich langgezogen den Berg hinaufzieht. Nach 15 Minuten suchen, finden wir ein Quartier und später eine Pizzeria, wo Christa sich ohne es zu wollen und zu

wissen, eine kalte Pizza bestellt. Auch so lernt man italienisch, Pizza Fredo.

San Lorenzo - Centente        „Reservierung nicht erwünscht!“  
                                                    

Seit ca. 20 Minuten sind wir unterwegs, das Wetter ist wieder warm, die Sonne lacht vom Himmel. Den Ort haben wir verlassen und gehen auf Teerstraßen dahin, die Wanderkarte sieht bald eine Abzweigung vor, der wir folgen. Etwa 200 Meter vor seinem Haus arbeitet ein Italiener am Wegrand, der früher in der Garde des Papstes seinen Dienst verrichtete, verstehen wir bei dem Kauderwelsch aus italienisch, deutsch, englisch und Körpersprache. Von einem Weitergehen rät er uns dringend ab, der Weg wäre nicht gut und zudem ein für ihn, unverständlicher Umweg. Weiter vorne abzubiegen wäre okay. Seinem Tipp folgend kehren wir um. Bald treffen wir wieder auf einen Mann, der uns sogar in deutsch begrüßt. Diese Unterhaltung verläuft natürlich einfacher. 22 Jahre lebt der ehemalige Fernfahrer schon hier und ist gerade dabei, einen neuen Freisitz zu errichten. Ich will die Gelegenheit beim Schopfe packen und den gesprächigen Herrn für eine Reservierung nützen. Erst probieren wir unser Handy und haben ohne Vorwahl genauso wenig Glück als mit Vorwahl. Dann probiert er es, gegen den Willen von Christa mit seinem Gerät, wieder kein Glück. Beim weitergehen dann erklärt mir meine Frau, warum sie per du keine Reservierung wollte, die Knie machen ihr Sorgen, sie wisse nicht wie weit sie komme. Hätte ich das vorher gewusst..... Wir verlassen die Asphaltstraße "umschottern"  in weitem Bogen ein Fabrikgelände und erreichen schließlich eine Allee die nach Acquapendente führt. Gegenüber der Info lassen wir uns auf einer einladenden Bank in einem kleinen Park nieder. Das nahe Geschäft führt die gesuchten Waren, alsbald ist unser Hunger gestillt. Der Stadt selbst kann ich nichts abgewinnen, finde sie hässlich. Christa erklärt dann, die Route hätte wohl durch die Altstadt geführt, was sicher schöner gewesen wäre. Ich sah keine Beschilderung, sie pfiff mich nicht zurück, was soll´s, es gibt schlimmeres. Die Einöde hat uns wieder, aufgrund von Schmerzen und Unwohlsein, Christas Knie – bei mir zieht ein Muskel im Oberschenkel, laufen wir nicht gerade begeistert weiter. Links wie rechts stehen auf weiter entfernten Hügeln alte Burgen, ob eine davon Radicofani ist? Das wäre unser Ziel für morgen. In Ponte a Rigo wollte ich reservieren lassen, fällt mir beim Blick in die Wanderkarte wieder ein. Abermals ist eine Variante eingezeichnet, die wir aber ablehnen. Über neun Kilometer Umweg wären das und keine Übernachtungsmöglichkeit dazwischen. So trotten wir 5,5 Kilometer  auf dem harten Untergrund der SS2 bis Centeno, hier soll es ein B&B geben. Einzige Abwechslung ist eine Brücke und dessen Straßenschild, welches voller verrosteter Einschusslöcher aus alter Zeit erzählt. Ein kleiner komischer Ort mit nur einer Straße, rechts ein Gasthaus, das ist es aber nicht. Ich befinde mich gerade am Ende der Straße und habe das B&B gefunden, da ruft mich Christa zurück. Ein Mann hat sie abgefangen und ihr eine Unterkunft ange- boten. Mit gemischten Gefühlen folgen wir beide dem Herren, der ein Agriturismobüro betreibt, zu seinem Haus. Zwei liebe Hunde empfangen uns, Wasser und Cappuccino wird bereit gestellt, der Empfang ist herzlich. Wir sagen der Übernachtung zu, nicht aber einem gemeinsamen Abendessen, haben Angst vor einer anstrengenden Unterhaltung mit unseren spärlichen Italienisch- und Englischkenntnissen. Die Zimmer sind in einem alten Nebengebäude mit riesigem Aufenthaltsraum wo ich eine 4 Liter Flasche Wein finde. Am offenen Feuer des Kamins in der Gaststätte, die wir zum Abendessen aufsuchen, werden die Fleischgerichte für die Gäste bereitet. Schon das Ambiente, die Stimmung und die künstlerische Zubereitung des Koch´s, weckt den Appetit. Ein nicht so guter Tag, klingt mit Genuss aus.


Centente - Radicofani         „Landschaftliche Veränderung“  
                                                    

Die "Pensionsfrau" bringt uns das Frühstück, welches wir im großen Aufenthaltsraum einnehmen und uns herzlich bei den Gastgebern verabschieden. Kurz vor neun stiefeln wir los, gute 16 Kilometer nur liegen vor uns, aber es geht bergauf. Zunächst erreichen wir Ponte a Rigo und laufen munter den rot-weisen Markierungen nach. Wieder einmal habe ich ein komisches Gefühl. Ich sehe genau auf der Karte nach und erkenne; hier führt die Variante weiter, die wir gestern nicht gegangen sind. Umkehren! Und nicht wieder im Kreis laufen! Nur spärlich ist der richtige Weiterweg bei einer Kapelle markiert. Die Schotterstraße staubt bei jedem Schritt, es ist heiß, wir kommen gut ins schwitzen. Hier am Rande der Toskana ändert sich die Landschaft, wir freuen uns auf diese Abwechslung. Die Sicht wird immer weiter,  wir sehen Burgen die auf Hügeln thronen, auch Radicofani ist darunter. Wir wissen aber, das Ziel erreichen wir erst in einigen Stunden. Hunde die Schafherden bewachen, begrüßen uns bellend. Nur wenige Wanderer kommen uns entgegen, für ein kurzes woher und warum haben aber alle Zeit. Die Begegnungen mit Ignoranz und herablassendem Verhalten liegen schon einige Tage hinter uns.  Es wird immer dunkler, gerade zur rechten Zeit schlüpfen wir in unsere Regenkleidung und schützen den Rucksack, als es auch schon los wettert. Das gröbste ist bald vorbei, die Sonne scheint schon wieder und heizt uns ein. Obwohl es noch regnet, müssen wir raus aus den dichten Klamotten. Die Schwüle, die Sonne, die Steigung, puuuh. Radicofani ist erreicht, wir steigen die malerischen, sehr sauberen Gassen hoch bis zur Kirche. Das Albergo per Pellegrini ist verschlossen, drei Telefonnummern hängen an der Tür. Wir entscheiden erst anzurufen bevor wir uns was anderes suchen. Aber keiner meldet sich, das Adrenalin das hierbei vergossen wurde – bereitlegen von Antworten in italienisch -, war umsonst. So Quartieren wir uns im Hotel La Torre ein, wo wir später von einem sehr netten Wirt überaus gut bedient wurden. Beim Abendessen läuft der Karfreitagsgottesdienst des Papstes im Fernseher, dass war schon ein ganz besonderes Gefühl, genau vor einer Woche waren wir genau an dieser Stelle. Es ist noch Zeit, mich drängt es die Burg zu besichtigen. Christa hat dazu keine Lust mehr. Diese 222 zusätzlichen Höhenmeter haben sich aber gelohnt. Obwohl nur noch 35 Minuten Zeit, besteige ich noch den Turm und habe einen tollen Ausblick. Mauern und Schützenmulden waren von oben wunderbar zu erkennen. Im Verlies dagegen konnte ich nur mit dem Blitz meines Fotoapparates etwas sehen. Kaum aus der Burg, verriegeln sich hinter mir die Türen.

Radicofani  - San Quirico  „Mentale Schwäche“      
                                         

Brot wollen wir kaufen, der Bäcker meint aber: "Ich schneide den Wecken wegen Euch nicht an", ein anderes Angebot? Nicht die Spur einer Bemühung, bis sich eine junge Verkäuferin (Tochter?) dazwischen schiebt und ein paar Brötchen anbietet. Da war sie wieder, diese Arroganz gegenüber Fremden. Gestern Abend hatte ich noch einen schmalen beschilderten Weg bei der Burg gesehen, der durch die Pampa führte. Da aber auch die Hauptstraße markiert ist und dieser Weg auch auf meiner Karte eingezeichnet ist, "wandern" wir auf Nummer sicher. Die Fußsohlen freut das weniger, müssen sie doch auf Teer und abermals Teer laufen, zumindest ist aber fast kein Verkehr. Dichter Dunst und Nebel zieht noch herum, was uns aber lieber ist als Regen. Kommen wir zu einzelnen Häusern, bellen Hunde schon 20 Minuten vorher und auch 20 Minuten nachher. Irgendwann nervt das Gekläffe. Schafe dagegen belustigen uns, in Reih und Glied stehen sie da und glotzen uns an, was sind denn das für welche? Christa ist weder vom Weg, dem Wetter, der Gegend und sonst was begeistert. "Es fehlt was", meint sie, der Jakobsweg hätte sie mehr inspiriert. Ich lasse mich erst mit runterziehen, kämpfe dann aber wieder dagegen an.  Nicht alles ist schlecht, wir selber, unsere Einstellung zum Weg, zum Gehen ist noch falsch. Wir lassen uns nicht auf das hier und jetzt ein, wie es der Fall sein sollte. Endlich weg vom Asphalt, runter auf die Piste aus Lehm, die durch den begonnenen Regen aufgeweicht und klebrig ist. Es wird schwarz und schwärzer, ob es vorbei zieht? Hoffentlich! Ein Bach wird gequert, die Gegend ist malerisch schön, unsere Herzen sind wieder fröhlich, das Gehen fällt wieder leicht. Heißes Wasser läuft den Berg herunter, ganz weiß und gelblich von Kalk und Schwefel schimmert das Rinnsal. Weiter oben in Bagna Vignoni wird mit den Thermalquellen gutes Geld verdient. 5.5 Kilometer haben wir heute noch, durch eine saftige und lange Steigung brauchen wir dazu gut 1 ½ Stunden. In San Quirico d´Orcia herrscht dichtes Treiben auf den Straßen. Die Messe ist aus, der Platz vor der Kirche ist dicht, wir zwängen uns durch die Massen. B&B Schilder laden zum bleiben ein, ich will aber zur Foresteria Parrocchiale (soll eine Herberge an einer Kirche sein). Wir finden sie auch und sind freudig überrascht, bekannte Gesichter zu sehen. Tatsächlich, den dreien sind wir schon begegnet, die waren aber in die andere Richtung unterwegs. Zurückgefahren, klären sie auf, morgen geht es nach Hause. Ein Trentiner ist mit in diesem 8 Bettraum, endlich einer der ganz gut deutsch kann und so im Gespräch über die Römer meint, "die wären ganz schön strunzig". Kühl ist die Nacht, trotz Strumpfhose, langem T-Shirt und Socken, ist mir der leichte Schlafsack fast zu wenig. Irgendwann höre ich Musik, Orgelmusik und ein Singen. Klar, heute ist Ostersamstag, wir liegen quasi an der Kirchenmauer und dahinter ist gerade die Ostermesse. Ein komisches wohlwollendes Gefühl durchzieht mich, ruhig und seelig schlafe ich ein.

San Quirico - Ponte d´Arbia                    „Der Schlüssel unter der Fußmatte“      
                                           

Nur eine Dusche steht zur Verfügung, im EG befindet sich aber noch ein Waschraum. Chaotisch organisiere ich das Aufstehen, Packen, Frühstücken und endlich losgehen. Um nicht laut zu sein, stopfe ich alles in den Rucksack, packe Schlafsack, Schuhe, Stöcke und zwänge mich im Treppenhaus in eine freie Nische. Dort erst wird der Schlafsack zusammengerollt, mein Körper angezogen und alles ordentlich wieder im Rucksack verstaut. Die Sonne lacht beim weggehen, die Markierungen sind gut zu sehen, wieder eine neue Variante, abseits der Straße durch blühende Natur. Dann doch das alte Lied, die Beschilderung geht aus. Kurz zurück, keine Abzweigung, die Richtung müsste stimmen, also doch weiter. Ein spärliches Zeichen gibt ein bisschen Sicherheit, wir kommen zur Straße, rechts oder links? Ich entscheide mich für die falsche Richtung, es geht wieder den Berg hoch, irgendwann durchschaue ich den Verkehrsdschungel, erkenne auf der Karte wo wir sind und kehren um. Ein Kilometer falsch und zurück, gibt zwei. In der nächsten Ortschaft dann gönnen wir uns zwei Cappuccino, zwei Überraschungseier gibt es als Ostergeschenk. Das Wetter wechselt, eine graue Wand rückt heran, gerade noch rechtzeitig können wir uns bei einem Spielplatz umziehen, nirgendwo können wir uns unterstellen. Der erste Guss mit mächtigem Wind ist bald vorüber, der weitere Regen erträglich. Obstladen oder Supermarkt scheint es in Buonconvento nicht zu geben, dafür treffen wir an einer Tankstelle ein Freiburger Paar mit Wohnmobil, die wegen des sch... Wetters  wieder nach Hause flüchten. Wir aber trotzen der Natur und ziehen wacker weiter. Komisch, wir freuen uns laufen zu dürfen, sind stolz auf uns, das war vor ein paar Tagen noch anders. Noch endlos lang pilgern wir an der Bahn entlang, bis uns endlich eine Brücke über die Geleise nach Ponte d´Arbia führt. Den Wanderführer rückwärts zu lesen ist wahrlich nicht leicht, auch diesmal verfranze ich mich mit meiner Orientierung. Hätte ich nur Christa schon eher zugehört, die richtig mit der Vermutung lag, das "Pilgerhotel" läge auf der anderen Seite der Fiume Arbio. Von außen ist kaum zu erkennen, das man hier schlafen kann, wir schellen, eine junge Frau öffnet. Sie betreut hier mehrere Kinder die lärmend umhertollen, die Quartiere wären oben, wir sollen uns umsehen. Tun wir auch, suchen uns eine Kammer mit zwei Betten, finden den Pilgerstempel und die Spendenbox. Nach dem duschen wird etwas geruht, bis es laut wird. Es klopft, ja wir sind gemeint. Noch eine Pilgerin, deutsche, wohnt und arbeitet in Bozen, spricht fließend italienisch und hat einen Mann und eine Frau im Schlepptau, die Besitzer. Etwas rau erkundigt sich diese Frau was wir hier täten, ohne uns anzumelden. Es ist gut einen Dolmetscher zu haben, der unser eindringen erklären kann und zudem noch einen Vermerk aus unserem Wanderführer übersetzen kann, wo da steht: "zumeist liegt der Schlüssel unter der Fußmatte". Darüber sind die Besitzer dann sehr erstaunt,  wir aber aus der Schusslinie. Mit Klaudia (wirklich mit K) gehen wir später zum Italiener Abendessen.

Ponte d´Arbia - Siena          „Fröhliche Pilgerzeichensuche“          

                                                 
Der Schlaf hat gut getan, wir sind frisch, das Wetter noch mehr, obwohl die Sonne scheint, es hat doch tatsächlich gefroren. Die Scheiben der Autos sind voller Reif und unsere Wäsche hängt am Rucksack, die ist nicht trocken geworden. Stirnband und Handschuhe leisten wieder gute Dienste. Auf dem lehmigen Fahrweg ist solange gut zu gehen, bis die Wärme den Boden nach und nach aufweicht und später in eine rutschige Brühe verwandelt. Die Bahn bietet eine gute Orientierung, Kilometer- lang laufen wir an den Geleisen entlang. Ohne Frühstück sind wir heute los, so sind wir froh nach fast zwei Stunden eine gemütliche Bank zu finden. Von Hügel zu Hügel zieht sich der Weg, dort vorne ist tatsächlich schon Siena. Unsere Erfahrung schützt uns vor dem Irrglauben bald da zu sein. Schwäbische Pilgerinnen kommen uns entgegen, ein Ratsch mit ihnen muss sein. Wie ein Eisbär liegt ein großer weißer zottiger Hund neben dem Straßenrand und sagt bellend guten Tag. Isola d´Arbia ist erreicht und der Weg führt laut Karte rechts entlang der Bahn weiter. Am Bahnhof scheint damit Schluss zu sein, also durch die Unterführung und auf der anderen Seite weiter. Das Industriegebiet entpuppt sich als Sackgasse, eine neue Straße ist gesperrt. Zurück und auf Trampelpfaden durch Felder weiter, ein uralter Gleisüberweg, nur widerwillig überquert diesen auch Christa, bald darauf stehen wir im Acker. Etwas gelbes leuchtet von einem eingeschlagenen Baustahleisen herüber. Das will ich mir genauer anschauen, tatsächlich, es ist ein Pilgerzeichen. Hier, wo eine neue Straße gebaut wird, entdecken wir solche Zeichen auch noch auf betonierten Kanalisationsrohren, die in der Wiese kaum zu sehen sind. Das ist ja wie Ostereier- suchen, denke ich mir. Mein Bauch hat uns gut durchgeführt, wir sind glücklich den Weg wieder zu haben. In winzigen Käfigen die in eingezäunten Grundstücken stehen, bellen uns Hunde schon ewig entgegen, um uns dann traurig beim vorbeigehen nach zu winseln. Wieder niemand, der sie frei lässt. Unser Herz ist zum zerreißen angespannt, aber wie sollen wir helfen? Siena, eine Treppe hoch, dann durch das gewaltige Tor, bzw. durch die drei Tore. Beeindruckend. In den Gassen dann fühle ich mich nicht wohl, dunkel sind sie. Die hohen Häuser lassen kein Licht herein, zudem zieht es fürchterlich. Der Piazza del Compo ist erreicht, und ich werde entschädigt für das "Unwohlsein". Herrlich, hier in der Sonne zu sitzen, dem Treiben zuzusehen und genüsslich ein großes Eis zu schlecken. Immer wieder wandert mein Blick bewundernd hoch zum Turm, wir lachen über Kinder die unermüdlich versuchen die vielen Tauben zu fangen. Ganz in der Nähe dürfen wir tatsächlich für zusammen 50 Euro in einem Hotel übernachten.

 
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